Kolumn

Zertifizierungs-Industrie

In Verarbeitungs- und Handelsbetrieben sind eigene QS-Manager für die Vorbereitungen und die Umsetzung der Audits und Zertifizierungen verantwortlich. Bei bäuerlichen Produzenten macht dies meist die Betriebsleiterin oder der Betriebsleiter selbst.

Zertifizierungen sind ein wesentlicher Bestandteil des heutigen Handelsgeschäftes geworden. Waren am Beginn mit der breiteren Einführung von Audits in der Lebensmittelproduktion, der Verarbeitung und dem Vertrieb noch „unbeholfene“ und „handgestrickte“ Zertifizierungen an zu treffen, so ist dies heute an Spezialfirmen ausgelagert und wird hoch professionell abgewickelt.

Wenn wir einen kleinen Blick hinter die Kulissen dieser Zertifizierungs-Industrie legen, so sind immer größere und immer stärker vernetzte Firmen in diesem Bereich tätig. Die Herausforderungen  werden immer breiter.

Große Palette an Standards

Neben der Standard-Zertifizierung GlobalGap und der Zertifizierung des Produktionsstatus (zB. Bio) sind eine Fülle von zusätzlichen Qualitäts-, Sicherheits-, Herkunfts-, Hygiene-, Sozial- und besonders Kundenprogramm-Stati ab zu wickeln.

Beim letzten Audit auf unserem Bauernhof war die Kontrollfirma berechtigt, sieben Zertifizierungen mit einem Audit durch zu führen. Es nimmt zwar viel Zeit in Anspruch, aber es ist einfacher für alle Beteiligten.

Ein guter Auditor ist mit einigen Fähigkeiten ausgestattet. Neben einem guten analytischen Denken und einer guten Beobachtungsgabe haben Auditoren meist noch einen „sechsten Sinn“. Bei Stichproben-Kontrollen in den Unterlagen greifen sie sehr oft instinktiv dort hin, wo Zusatzerklärungen zur aufgezeichneten Situation notwendig sind.

Geschäftsfelderweiterung

Kontrollfirmen sind wie andere Firmen natürlich auch einem Wettbewerb unterworfen. So müssen sie danach trachten, ihre eigenen Geschäftsfelder zu erweitern. Da dies nicht über Rabattschlacht-ähnliche Maßnahmen geht (zB. wenn du mit mir einen Kontrakt machst , dann schauen wir nicht so genau hin), sind andere Strategien gefragt.

Ich erlebe in letzter Zeit, dass Kontrollfirmen auf der Suche nach neuen Geschäftsfeldern möglichen zukünftigen Firmen zu erklären versuchen, dass die eine oder andere Sache eigentlich auch noch kontrolliert gehört, damit sie eine absolute Sicherheit hätten. Dies geht mit dem Versuch einher, dass Kunden ein wenig verunsichert werden und drauf hin zusätzliche Kontrollen und Vorgehensweisen in die Audits eingefügt werden.

Eines läuft bei diesen Deals ein wenig schief. Der Kunde ist der Auftraggeber, der Produzent/Lieferant hat das alles zu bezahlen. Wenn ich mir die Kostenentwicklung am eigenen Betrieb ansehe, dann haben sich die Kontrollkosten in den letzten sechs Jahren insgesamt vervierfacht.

Fritz Prem