Kolumn

Die EU funktioniert doch

Die Entscheidungsvorgänge in den zentralen EU-Einrichtungen wie EU-Parlament, EU-Rat und EU-Kommission und deren Ausschüsse sind nicht so schwer zu verstehen. Vor allem, wenn man sich mit den Spielregeln beschäftigt und sich über seine Interessensvertreter an den richtigen Stellen  in diese Prozesse einbringt.

Von Tintenburgen, einer Armee der Bleistiftspitzer oder von undurchsichtigen und geheimen Verhandlungen sprechen eigentlich nur jene, die kaum eine Ahnung haben, was da abläuft.

Es ist dann für Politiker, die mit ihren Anliegen in den Entscheidungsprozessen unterlegen sind, ein leichtes, gegen die da in Brüssel zu wettern und Dolchstoßlegenden zu erfinden.

Am Beispiel der Berichterstatterin für SUR (Verordnung über die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln) an den EU-Umweltausschuss (ENVI) ist für so manche grundsätzlich suspekt, dass dafür eine Vertreterin einer Grünen Partei gewählt wurde. Grüne Verhinderer versus hemmungslose Giftspritzer – beinahe ein Thema wie im Oscar-gekrönten Film Erin Brokovich.

In einem Fall Sarah Wiener und im anderen Julia Roberts.

Die Realität sieht anders aus. In einer demokratiepolitischen Kleinarbeit wurde über Ausschüsse und paritätisch besetzte Arbeitsgruppen das Thema Pflanzenschutz und seine verbindliche Reduktion von chemisch-synthetischen Mitteln bearbeitet.

Was derzeit der Stand der Dinge ist, kommt der Aufforderung des Europäischen Parlamentes schon wesentlich näher. 50% Reduktion der Pflanzenschutzmittel bis 2023.

Wenn man den Werdegang bisher verfolgt hat, so war dieser relativ unaufgeregt. Die EU-Vorgabe von 50% Reduktion wurde von den Hardcore-Bauernvertretungen massiv bekämpft und versucht, durch Zusatzinterpretationen diese Vorgaben weitgehend auf zu weichen. Auf den Gegenvorschlag, das Ziel doch auf 35% zu reduzieren folgte ein Antrag von einer Vereinigung von NGO‘s, das Ziel doch auf mindestens 85% zu erhöhen. Schattenboxen nannten dies unsere alten Polit-Füchse.

Pflanzenschutz ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor in der Pflanzenproduktion, im Besonderen bei Wein, Obst und Gemüse. Pflanzenschutz in irgend einer Form wird immer notwendig sein.

Wo sich jetzt die Stahlhelm-Fraktionen gegenüber stehen, ist der Punkt, wo alt eingesessene  Bauernverbände und dahinter die Pflanzenschutzindustrie den derzeitigen Stand ein betonieren wollen. Auf der anderen Seite wittern Ökologen und Ernährungsexperten eine Chance, einen gewissen Wildwuchs beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ab zu drehen.

Die Wahrheit liegt wahrscheinlich in der Mitte. Ob diese Mitte 50% sind, wird sich weisen.


Fritz Prem