Kolumn

Syndikat ist zu knacken

Ich kenne persönlich noch eine Zeit im Wirtschaftsleben (im vorigen Jahrhundert), wo es möglich war, eine wirtschaftliches Syndikat zu leben, ohne dass jemand sofort die Wettbewerbshüter anrief.

Man war auf sich selbst gestellt, sich mit dem Syndikat zu arrangieren oder es zu knacken. Erstere Möglichkeit war die einfachere und teurere, die zweite Möglichkeit war die herausfordernde und langfristig günstigere Möglichkeit.

In der Zeit gab es in unserer Großregion vier Anbieter für eine spezielle Obst-und Gemüseverpackung. Bei Obst wurde etwa 20% der gesamten Menge in dieser Verpackung ausgeliefert. Es war also eine Kostenstelle von großer Bedeutung. Somit war es naheliegend, dass sich nach einer Phase des erbitterten Wettbewerbs diese vier Hersteller und Anbieter zu einem Syndikat zusammenfanden. Der Preis war danach stabil hoch und überall gleich, egal bei wem gekauft wurde.

Diese Situation war für den Geschäftsführer des größten Obsthandelsunternehmens in der Region eine Herausforderung wie für einen guten Mathematikschüler eine Mathe-Schularbeit.

Im ersten Schritt vergewisserte er sich, dass diese vier Hersteller und Anbieter von der Eigentümerseite nicht untereinander verschränkt waren. Seine Erfahrung war: Verträge ohne Eigentümerverschränkung sind Schönwetterkonstruktionen, die bei einem drohenden Existenzverlust nicht halten.

Es waren von der Angebotsmenge her zwei größere und zwei kleinere Unternehmen. Dies war eigentlich für ihn nebensächlich. Er suchte sich von den vier möglichen Lieferanten jene Firma mit dem psychisch labilsten Chef aus. Für mich als Beobachter eine neue Dimension im Geschäftsleben.

Er wies darauf hin seinen Einkauf an, ab sofort nur mehr bei dieser einen Firma zu ordern. Dies war in einzelnen Phasen oft mehr als dieser selbst produzieren konnte. Es dauerte etwa zwei Monate, bis Anfragen von den anderen kamen, wann man wieder bei ihnen Verpackungsmaterial bestelle. Die lapidare Antwort war: Wenn es wieder passt, dann können wir gerne wieder etwas mit Ihnen machen. In der Zwischenzeit wurden ganz bewusst Vermutungen genährt, dass der Eine entgegen seiner Syndikatsvereinbarung dem Kunden Sonderkonditionen gibt. Dies führte soweit, dass die drei anderen Anbieter trotz aller Beteuerungen dem einen Anbieter nicht mehr trauten. Er war ja nicht so stabil wie sie. Es dauerte nur kurze Zeit und einer der Drei knallte ein um 30% günstigeres Angebot auf den Tisch. Für den Obsthändler: Mathe-Schularbeit erledigt – Note sehr gut!

Fritz Prem 25/2016