Kolumn

IP – ein Auslaufmodell

Die Integrierte Produktion war vor 40 Jahren in Europa eine epochale Errungenschaft. Das Neue daran war, dass sich die Produktion selbst Spielregeln auferlegt hat. Es ging vor allem um Pflanzenschutz und Düngung. Es wurde damit einem Wildwuchs bei dubiosen Pflanzenschutzpraktiken vor gebeugt.

Die eigenen Regeln gingen damals deutlich über den gesetzlichen Rahmen hinaus. Dies hat man in mühevoller Kleinarbeit auch dem Konsumenten erklärt.

In den letzten zwei Jahrzehnten hat eine Dynamik eingesetzt, die in die andere Richtung geht. Viele Produzenten kritisierten sehr stark, dass „die da“ oben Regeln einführen, die strenger sind als die gesetzlichen Regelungen. Obendrein gab es doch Apfelregionen mit Massenproduktion in Europa, die diese „strengeren“ Regelungen nicht haben. Wie soll man da konkurrieren, wenn man höhere Standards erfüllen soll und damit teurer produziert.

Was in dieser Negativ-Dynamik übersehen wurde: dass man sich vor allem durch andere/höhere Standards von der Massenproduktion abheben kann. Wenn dies geschickt kommuniziert wird, dann gibt es ein ehrliches Argument für ein anderes Preissegment.

Statt dessen haben die Ersteller der IP-Richtlinien dem Druck von der Basis weitgehend nach gegeben. Tatsache ist, dass die meisten IP-Standards in Europa auf dem Niveau des gesetzlichen Mindeststandards (Cross Complience) angekommen sind – oder die Gesetzgeber haben von sich aus dort hin nach gezogen.

Den IP-Bauern ist somit das wichtigste Argument weg gefallen: sie produzieren nicht nach strengeren Richtlinien wie es der Gesetzgeber sowieso vorsieht. Sie stehen zwar zusammen und klopfen sich gegenseitig auf die Schultern, wie gut sie sind. Sie freuen sich über das Erreichte.

Der Markt hat aber eine ganz andere Dynamik. Der Lebensmittelhandel hat von sich aus Rückstands-Reduktionsprogramme als Marketingstrategie entdeckt. Weniger Wirkstoffe und weniger Rückstandsmengen sind das Ergebnis für Produkte mit „Mehrwert“. Alles was Grundstandard ist hat den „Grundpreis“ - und keinen Mehrwert. Die paar Vogelhäuschen und Steinhaufen mehr in der Anlage sind kein Mehrwert beim Produkt.

In den wirklichen „Denkwerkstätten“ der Obstbranche in Europa laufen die Vorbereitungen für eine neue Entwicklung wiederum auf Hochtouren. Es ist spannend zu beobachten, welche Wege dort seit zwei Jahren im Entstehen sind.

Babyfood-Standard ist ein zentraler Arbeitstitel, den so manche innovative Obst-Region in Europa intensiv beackert.

 

Fritz Prem