Kolumn

Erzeugerpreise

Eines meiner Lieblingsthemen! Die große Schlagzeile: Lebensmittelhändler drücken Erzeugerpreise! Wer ist schuld, dass die Großhandelspreise für Lebensmittel ständig sinken und die Preise für die gleichen Produkte an der Registrierkasse teilweise sogar noch leicht steigen?

Die Schulmeister haben sofort die Lehrbuchmeinung parat: schuld ist die Überproduktion, da ja angeblich Angebot und Nachfrage den Preis regeln. Nur ist eines für jeden Insider klar: Angebot und Nachfrage entstehen nicht von selbst, sie werden von der jeweiligen Gruppe geformt oder auch nicht geformt. Dies bewusst oder unbewusst.

Einer der legendärsten Einkäufer im österreichischen Lebensmittelhandel hat mir einmal in einer kleinen Diskussionsrunde jene alles beantwortende Frage gestellt:

 „Es kann schon sein, dass ich Ihren konventionellen Kollegen für ihr Produkt zu wenig bezahlt habe. Aber warum hätte ich ihnen mehr bezahlen sollen, sie haben sich ja auch bei diesem tiefen Preis noch darum gestritten, wer von ihnen liefern darf. Ihre viel zitierten Verkaufskooperationen sind reine Schönwetterkonstruktionen. Wenn es hart auf hart geht, dann treten sie sich gegenseitig aus dem Boot.“
Eine starke, aber ehrliche Ansage.

Auf die Frage, warum dann das gleiche Produkt im Geschäft vielleicht sogar leicht teurer wird, obwohl er es billiger in der Hand hat, war seine Antwort ebenfalls ehrlich. „Ich darf doch nicht ein gutes Produkt auf Ramschniveau ins Regal stellen. Mein Kunde ist gewohnt, für ein gutes Produkt ein gutes Geld zu bezahlen. Mein Kunde soll mich auch später ernst nehmen können.“

Der Verlauf der Diskussion ist für einen alten Fuchs in der Branche nichts Neues, genau so ist es die Wahrheit. Ein alter und langjähriger Wegbegleiter pflegte in solchen Situationen immer zu sagen: das Problem ist erkannt, wie sieht die Lösung aus?

Ich komme in dieser Frage immer öfter zur Erkenntnis: gibt es überhaupt jemand, der dieses „Problem“ lösen möchte? Sind wir einmal ehrlich: außer dem Produzenten lebt eigentlich jeder andere beteiligte mehr oder weniger mit dieser Situation. Und Produzenten haben anscheinend momentan wieder großen Spaß daran, ihr Angebot zu zersplittern anstatt es zu bündeln. Damit sind wir bei der eingangs als erstes gestellten Frage wieder angekommen. So viel zur Gestaltung von Angebot und Nachfrage. Wenn wir dies lange genug leben, vielleicht wird es sogar einmal gängige Lehrmeinung.

Fritz Prem 12/2016