Kolumn

Hungersnot

Aus vielen aktuellen Publikationen erhält man den Eindruck, dass in der kommenden Saison Lebensmittel auch in Europa knapp werden. Spätfröste haben die Obst- und Gemüseproduktion teilweise dramatisch reduziert. Es sind dies nicht nur strategisch orientierte Meldungen, um die eigene Position am Markt zu verbessern. Das Mengenaufkommen wird sich substanziell verändern.

Hinzu kommen noch Verunsicherungen der Konsumenten, z.B. durch Meldungen über mit Fipronil belastete Konsumeier. Diese werden entsorgt. Wenn man im Nachhinein erfährt, dass die zuständige Lebensmittelbehörde monatelang im Vorhinein davon gewusst hat, so mag dies alles rechtens sein. Vertrauensbildend ist es allemal nicht.

Geht Europa einer Hungerkrise entgegen? So kann man dies nicht bezeichnen. Wenn wir ehrlich sind, so haben wir doch alle (beinahe ohne Ausnahme) die Lebensmittel durch eine „Geiz ist Geil-Mentalität“ zu einem Billigprodukt gemacht. Der Bedarf an Lebensmittel kostet einem Haushalt im langjährigen Durchschnitt von Jahr zu Jahr weniger. Was billig ist, ist nichts wert. Was zu billig ist, bei dem Produkt fällt die Hemmschwelle, es ungebraucht weg zu werfen. Die Anteile an frischen Lebensmittel im Hausmüll steigen von Jahr zu Jahr. Allein in Wien wird täglich so viel Brot „entsorgt“ wie die gesamte Stadt Graz täglich braucht. Bei den Frischeprodukten Obst und Gemüse ist es ähnlich. Wegwerfen ist bei Großpackungen Teil der Verkaufsstrategie geworden.

Es gibt doch Parallelen zur jetzt sich ankündigenden Situation bei Obst. Im zeitigen Frühjahr 2016 sind in Südeuropa durch unerwartete und großflächige Fröste für eine gewisse Zeit die Gemüselieferungen ausgefallen. Die Preise für die vorhandene Menge schnellten stark nach oben. Es zahlte sich sogar aus, frischen Blattsalat per Luftfracht nach Europa zu bringen. Dies mit dem dazu notwendigen Preis. Ich kenne niemanden, der auch nur eine Charge von diesem teuren „Luftfracht-Salat“ sorglos entsorgt hätte.

Ich erwarte, dass in einzelnen Bereichen diesmal auch bei Obst die Situation ähnlich dem Gemüse im Frühjahr verlaufen wird. Der Wert der Lebensmittel in diesem Bereich wird wieder spürbar werden. Einkäufer werden sich gerade um diese Bereiche besonders kümmern, da sie sonst ohne vergleichbares Produkt da stehen. Den Produzenten wird auch wirtschaftlich vor Augen geführt, dass bei ihnen die Bäume nicht in den Himmel wachsen.

Vielleicht hat ein solches Naturereignis nicht nur Auswirkungen auf die Wertigkeit der Produkte, sondern auch auf den persönlichen Umgang in der Branche miteinander.

Fritz Prem