Kolumn

Schulobst-Aktion kritisch betrachtet

Der durchschnittliche Mitteleuropäer isst zu viel Fleisch und im Verhältnis dazu zu wenig Obst und Gemüse. Je wohlhabender eine Gesellschaft ist, desto weiter entfernt sie sich vom Idealzustand.

Obst und Gemüse mit Genuss zu essen ist eine Frage der Sozialisierung. Wenn sich ein Kleinkind die Lust auf einen saftigen Apfel, eine süße Birne, eine reife Banane oder knackige Zuckerkarotten antrainiert, dann wird dies auch im späteren Leben Freude und Genuss bereiten. Die Europäische Union hat daher eine Schulobstaktion ins Leben gerufen, um bereits sehr früh eine gesunde Ernährung an zu trainieren. Es steht auch ein ordentliches Förderungsbudget dahinter, um diese Idee in Fahrt zu bringen.

Der Start war deshalb so schwierig, da sich an so manchen Schulen entweder der Schulwart oder manche Lehrer geweigert haben. Diese neue Aktion roch nach Zusatzarbeit. Elternvereine sind oftmals als „Schuhlöffel“ eingesprungen.

Erfreulich ist, dass es in vielen Ländern Europas mittlerweile gelungen ist, den Schulkindern und in manchen Ländern mit regionaler Unterstützung sogar den Kindergartenkindern regelmäßig frisches Obst und Gemüse in der Schule bereit zu stellen. Erfreulich ist auch, dass der Bioanteil relativ hoch ist.

Weniger erfreulich ist systembedingt des Öfteren die Qualität vom ausgelieferten Obst und Gemüse. Es ist so, dass bei den Ausschreibungen natürlich bei einer Mindestanforderung an Qualität der Bestbieter den Zuschlag erhält. Wenn sich viele Anbieter um den Auftrag bemühen, dann sinkt automatisch der Preis. Jener Lieferant, der den Zuschlag mit dem günstigsten Preis erhält, der muss natürlich in Schritten die Qualität an den Preis anpassen. Dies bedeutet, dass er nicht eine Top-Qualität, sondern eine „Mensa-Qualität“ liefern wird.

So kommt es, dass die Schulkinder unter Anderem steinharte Birnen, grasgrüne Golden 60+ mit langem Stängel, Kiwi, die von der Fruchtgröße zwischen normaler Kiwi und Minikiwi liegen etc, bekommen. Wenn man genau beurteilt, dann ist alles gerade noch im Rahmen des Qualitätsklassengesetzes.

Jedem Insider ist klar, dass diese Qualität bei jeder Eingangskontrolle von Hochpreiskunden nicht bestehen würde. Wir muten aber unseren zukünftigen Kunden diese Qualität zu, um ihnen die Lust auf Obst und Gemüse an zu trainieren.

Systembedingt ist in diesem Bereich die Schulobstaktion dringend zu evaluieren.

Prem 27/2015