Kolumn

Erntearbeiter – Suche

Jeder Arbeitgeber kennt die Situation: bei einer Zunahme des Mengenumsatzes ist im Frischebereich oft kurzfristig eine Suche nach neuen Mitarbeitern notwendig.

Diese Suche wird zusehends schwieriger. Um für Erntehelfer einen attraktiven Job anbieten zu können sind mehrere Faktoren entscheidend.

Auf den ersten Blick ist es der Stundenlohn. Hier gibt es innerhalb des Binnenmarktes deutliche Unterschiede. In Deutschland ist es mit dem Mindestlohn und der 70-Tage-Regelung so, dass der Erntehelfer einen höheren Nettolohn hat, obwohl der Arbeitgeber einen niedrigeren Bruttolohn aufbringen muss. In den Nachbarländern gibt es diese Regelung nicht.

Bei allen Diskussionen zwischen den mitteleuropäischen Nationen wird zu oft übersehen, dass im Osten der EU die Löhne für Erntearbeiter in etwa bei 20% von jenen in Mitteleuropa liegen. In der Ukraine liegen sie nochmals unter dem polnischen Lohnniveau.

Somit hat sich ein System mit Wanderarbeitern entwickelt. Die Erntehelfer sind meist fünf bis sechs Wochen in der Region und kehren dann für etwa eine Woche zurück zu ihren Familien.

Neben den monetären und sozialrechtlichen Punkten ist dies oft auch eine soziale Herausforderung.

Die Wanderarbeiter haben zu Hause oft nicht die Möglichkeit einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit. Wenn sie aber einen Job haben, so ist der Monatsgehalt nur einige hundert Euro hoch.

Es geht daher nicht nur allein um den Stundenlohn bei der Obst- oder Gemüseernte. Es geht auch darum, dass ein Wanderarbeiter seine Lebensplanung danach ausrichten muss. Wenn er derzeit sechs bis sieben Monate in Mittel- oder Westeuropa einer regulären Arbeit nachgeht, dann hat er ein höheres Jahreseinkommen wie bei einer Arbeit zu Hause.

Im Gegenzug ist er mehr als ein halbes Jahr weg von seiner Familie und meist auch von seinen kleinen Kindern. Ebenso ist es für den Erntehelfer eine Herausforderung, hintereinander entsprechende Erntearbeiten zu finden, damit nicht zu große Zeit-Lücken entstehen.

Oft verbessert sich in den Herkunftsländern die wirtschaftliche Situation kurzfristig und es entstehen zu Hause neue Arbeitsplätze. So war es in Slowenien, so ist es derzeit in Polen.

Drittlandkontingente (Arbeitskräfte von außerhalb der EU) sind in Zeiten der Stimmung „Ausländer raus“ politisch schwer um zu setzen. Ein Problem, das nicht nur eine punktuelle Ursache hat, sondern in unserer Gesellschaft tief „verwurzelt“ ist.

Fritz Prem