Kolumn

Auto-Immunerkrankung

Mit zunehmender Zeit wird der Aktions- und Rabatt-Wettbewerb unter den Lebensmittel-Handelsketten als „Auto-Immunerkrankung“ des LEH und der Diskonter gesehen.

Seit eineinhalb Jahrzehnten wird in allen Werbeaussendungen und Marketinginstrumenten ganz penetrant immer nur mit dem billigsten Produkt in seiner Kategorie geworben.

Wenn es einmal ein Produkt mit einem höheren Wert in einer Kategorie gibt, dann läuft auch die gleiche Masche drüber: das höherwertige Produkt gibt es zum billigsten Preis eben in diesem oder jenem Geschäft.

Lebensmittel bekommen Ramsch-Status

Lebensmittel werden somit im Allgemein-Empfinden zu Ramschprodukten degradiert – auch die höherwertigen, die vielleicht mehr Vitamine haben oder frischer sind als Produkte in ähnlichen Kategorien.

Wenn etwas billig ist, ist die Hemmschwelle niedriger, den letzten Teil des noch brauchbaren Inhalts einer größeren Verpackung doch ganz einfach in die Biotonne zu werfen. Auch die Preispolitik feuert die Lebensmittelverschwendung an.

Rabattschlachten befeuern Lebensmittelverschwendung

Viele in der Branche ärgern sich, dass der letzte in der Wertschöpfungskette mit dieser „Auto-Immunerkrankung“ Waren verschleudert und damit für die ganze Branche Wertschöpfung vernichtet.

Wenn wir uns dann längerfristige Entwicklungen im Haushalts-Panel von GfK oder bei Nilsen ansehen, dann müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass im langjährigen Durchschnitt Lebensmittel und der Frischebereich im Vergleich zur Mobilität, der Freizeit und der Kommunikation keine berauschende Entwicklung hinter sich haben.

Die Lebensmittelbranche wächst nicht anteilig

Wer ist schuld daran, dass unsere Branche zumindest nicht anteilig mit gewachsen ist mit den langsam steigenden Einkommen der Bevölkerung? Wer hat ein mögliches Wachstumspotential stümperhaft oder auch nur unbedacht verbraten?

Wenn Marktforscher einigermaßen emotionslos der Sache auf den Grund gehen, finden sie als Ursache einige plausible Gründe. Ein zentraler Punkt ist die lang anhaltende und pausenlose Rabatt-Schlacht der letzten Handelsstufe – die tägliche Rabattschlacht über eineinhalb Jahrzehnte hinweg ist zur Normalität im Tagesgeschäft verkommen. 

Rabattschlachten haben Kunden auf „billig“ konditioniert

Rabattschlachten sind zu einem stetigen Treiber nach unten geworden. Normale kaufmännische Margen sind nur in Ausnahmefällen möglich.

Somit kann es sein, dass eine ganze Branche sich einrichtet, nur das Nötigste an Weiterentwicklung zu machen – es gibt keine monetäre Luft, um bahnbrechende Neuheiten und spektakuläre Produkte zu entwickeln und auf den Markt zu bringen.

Eine Entwicklung, die jeder kennt. Wer verändert sie als Erster?

Fritz Prem