Kolumn

1. April

In unserem Kulturkreis ist es üblich, neben anderen Scherzen auch am 1. April einem guten Bekannten einen Streich zu spielen. Unsere Elterngeneration erzählte von derben Scherzen, die manchmal die Grenze zum erträglichen überschritten haben. Danach litt die Beziehung zwischen den Teilnehmern einige Zeit.

In der heutigen Kolumne beschreibe ich ihnen einen „Scherz“ aus dem Vorjahr, der genau genommen gar keiner ist.

Die politische Ebene in der EU hat vor einiger Zeit beschlossen, beim Pflanzenschutz (auch im Obst- und Gemüsebereich) für Produkte mit geringem Risiko ein vereinfachtes Zulassungsverfahren ein zu führen. Vor allem im Biobereich sind die Gesamt-Flächen verhältnismäßig klein, daher ist es für eine Firma nicht so interessant, für diese kleinen Flächen eine aufwändige Zulassung zu finanzieren. Pflanzenschutz bei Bioobst und Biogemüse muss aber legal möglich sein.

Daher hat die Europäische Union in ihren Regularien eine neue Kategorie an Hilfsstoffen eingeführt: die Grundstoffliste.

Es war klarer politischer Wille: Produkte, die bisher schon in der Lebensmittelproduktion eingesetzt wurden, sollen zukünftig ohne zusätzlichem aufwändigen Prüfvorgang auch zur Regulierung von Schadorganismen in der Obst- und Gemüseproduktion eingesetzt werden dürfen. Zur besseren Verständlichkeit seien hier als Beispiele Backpulver und Speisesoda angeführt. Diese beiden Produkte haben eine gute Wirkung gegen Schadpilze wie Schorf, Mehltau, Russtaupilze etc.

Man ging von der realistischen Annahme aus, dass Grundstoffe, die in der Lebensmittelproduktion Verwendung finden, bereits ausreichend auf ihre Gefährlichkeit geprüft sind. Daher waren keine weiteren Prüfungen vorgesehen.

Als die europäischen und nationalen Prüfinstitutionen mitbekommen haben, dass da etwas ohne ihre zusätzlichen „beamteten“ Prüftätigkeiten ablaufen könnte, traten sie auf den Plan. Sie suchten fieberhaft nach Punkten, die vielleicht doch noch geprüft werden sollten. Es kann doch nicht sein, dass durch politische Entscheidungen ihre Kompetenzen und somit ihre Wichtigkeit beschnitten wird. Ein Versuch, sich in diesen Prozess hinein zu reklamieren, läuft nun schon seit einem Jahr und verzögerte den Urwillen der Agrar- und Umweltpolitik zusehends.

Wenn es nicht vor einem Jahr Anfang April gewesen wäre, so hätte ich an einen Aprilscherz gedacht, als mir Mitstreiter von dieser Entwicklung berichteten.

Es ist das ewige Spiel um Macht und Wichtigkeit zwischen politischen Entscheidungsträgern und beamteten Sachbearbeitern. Dies ist kein Aprilscherz.

Fritz Prem