Kolumn

Obsthändler ade!

Handelt es bei der Spezies Obsthändler um eine aussterbende Art? Der klassische Obsthändler hat bisher von einer Reihe von Produzenten deren Produkte aufgekauft und am Großgrünmarkt an den Großhandel weiterverkauft. Dieser Grossist hat dann den Lebensmittelhandel beliefert, die kleineren Lebensmittelhändler haben direkt beim Obsthändler eingekauft.

Ein langsamer Wandel ist im Gange. Ich besuchte kurz hintereinander den Großmarkt in Hamburg und in Wien. Ein sehr ähnliches Bild stellt sich dar. Die Bedeutung als zentraler Umschlagplatz für Obst und Gemüse geht Schritt für Schritt verloren. Die Warenströme gehen direkt vom Packhaus zum Zentralverteiler des LEH. Ein Zwischenstopp auf einem Großgrünmarkt ist nicht mehr vorgesehen und wäre auch von der Kostenseite her nicht mehr drinnen. Die Margen lassen den Umweg nicht mehr zu. Somit hat sich eine besondere Spezies (die der Großgrünmarkt-Lieferanten) selbst weg rationalisiert. Wer sich nicht weiterentwickelt hat zu einem Dienstleister innerhalb der bestehenden Wertschöpfungskette, den gibt es de facto so gut wie nicht mehr. Dies ist eine der Medaillenseiten der Konzentration im Lebensmittelhandel.

Wen wir das Gedankenspiel in einer ruhigen Stunde weiter spielen, so stellt sich die Frage, ob es eines Obsthändlers in der heutigen Form in nächster Zukunft bedarf. Die großen Stabstellen bei den Lebensmittelhandelsketten haben ihre künftigen Strategien für den Einkauf fertig entwickelt und griffbereit. Hier bahnen sich enorme Veränderungen an. 

Bisher war es so, dass der jeweilige Einkauf darauf gedrillt war, ein Mindestmaß an Qualität um den allerbilligsten Preis auf zu kaufen. Ob dabei der Händler oder die vorgelagerte Produktion an den Rand des Ruins kam, war eigentlich egal, es gab noch genug andere Händler. Sie stritten sich auch bei dem tiefen Preis noch darum, wer liefern darf. Der LEH hat in seinen Flugblättern und Werbebotschaften nur den billigsten Preis beworben, sonst nichts.

Schön langsam wird auch dem langsameren Strategen klar, dass dies eine Sackgasse ist, da jeder das billigste Produkt bewirbt, jeder im Billigstsegment seine größten Mengen bewegt, und außer Arbeit nichts hat. Die zukünftigen Lösungsansätze sind erstaunlicherweise überall gleich. Der LEH wird in Zukunft direkt bei Produzenten und Erzeugergemeinschaften einkaufen. Eine Handelsstufe dazwischen wird damit überflüssig. Somit gilt das gleiche wie oben beschrieben: wer sich als Betroffener zum Dienstleister weiterentwickelt, der wird überleben… 

Fritz Prem 20/2016