Kolumn

Der Flügelverleih

Fast auf den Tag genau ist es 30 Jahre her, dass ein Energy-Drink, der heute weltweit berühmt ist, das erste Mal abgefüllt und verkauft wurde. Seither sollte er laut Auskunft des Herstellers Flügel verleihen.

Gemeint ist Red Bull, jenes Getränk aus der Dose mit dem Abbild eines roten Stieres, das viel Zucker, etwas Taurin und andere Inhaltsstoffe hat.Wissenschaftler streiten nach wie vor über die exakte gesundheitliche Wirkung im menschlichen Körper. Aber das ist Nebensache, ungeachtet dessen wird es palettenweise und LKW-weise geordert.

Warum ich Ihnen dies erzähle, obwohl sie es wissen? Dieses Markenprodukt wird fast immer und überall als Synonym für gelungenes Marketing in den Mund genommen. Unzählige Marketingexperten sind zu Red Bull gepilgert, um dieses Phänomen, diese Erfolgsgeschichte zu studieren.

Es kann nicht am Geschmack liegen, dieser ist am Beginn sehr gewöhnungsbedürftig. Wahrscheinlich auch nicht an den gesundheitlichen Wirkungen, falls man immer noch die Lehrmeinung vertritt, dass eine 10%-ige Zuckerlösung nicht das gesündeste sei.

Was machen wir bei unserem Obst: es muss gesund sein und gut schmecken! Wir als Experten versuchen zu definieren, was gesund ist und was gut schmeckt. Nur der Konsument weiß dies anscheinend nicht so genau, weil wir zu wenig effizient mit ihm kommunizieren. Wir machen die Qualität unserer Produkte an Fakten fest. Red Bull macht sie seit 30 Jahren an Emotionen und Gefühlen fest. Dies ist neben dem unvorstellbar hohem Etat das eigentliche Geheimnis.

Wo sind die erfolgreichen Marken in der Obst- und Gemüsebranche in Europa? Mir fallen auf Anhieb einge ein: Pink Lady, Melinda, Marlene, Blue Whale, Prince de Bretagne….

Es sind keine LEH-Eigenmarken dabei, es sind große Marken von Erzeugergruppen. Eine Minimarke vom Händler Hinz oder Kunz ums Eck kennt in Europa kein Mensch, ebenso wenig interessieren deren handgestrickte Marketingkonzepte.

Um den Bogen zurück zum Anfang dieser Kolumne zu spannen: auch der Eigentümer vom „Flügelprodukt“ hat klein angefangen. Er hatte aber sein Handwerk bei einem Zahnpastahersteller gelernt. Dies alles lief anscheinend nach einem Leitfaden, wie ihn der Gründer von Harley Davidson prägte: ich verkaufe ein unbeschreiblich gutes Lebensgefühl, das Motorrad gibt es dann dazu.

Die Zielgruppe ist es: ob ich in der Direktvermarktung Konsumenten in der Region beliefere oder ob ich die große weite Welt vor Augen habe.

Fritz Prem