Kolumn

Lebensmittel im Müll

Wir kennen alle die Statistiken über die weggeworfenen Lebensmittel. Die Größte Stadt Österreichs entsorgt täglich so viel Brot wie die zweitgrößte Stadt Österreichs täglich braucht. Dies wurde durch ein System festgemacht. In jedem Supermarkt muss um zehn Minuten vor Geschäftsschluss die Brotvitrine noch mit allen Sorten bestückt sein. Zehn Minuten später wird das frische Brot entsorgt, da morgen neues kommt.

Aber auch in unserer Branche liegt vieles im Argen. Ich hatte die Gelegenheit, mit meinem Cousin von der Müllabführ zufällig einen Tag lang die Entleerung der Biomülltonnen zu verfolgen. Neben dem vielen Plastik und anderem Verpackungsmaterial sind unbeschreibliche Dinge im Bio-Müll einer Kleinstadt und deren Umgebung.

Als Beispiel an einer Ladestelle: Eineinhalb Paletten mit Bananen, in jedem zweiten Karton etwa ein bis zwei Stück aufgesprungen, der Rest makellos. Brokkoli, dort und da eine winzige kleine gelbe Blüte, der Rest makellos. Vier Karton Kohlrabi, nicht holzig, je Karton einer leicht runzelig, der Rest makellos. Paprika, aus Südeuropa angeliefert, je Überkarton dort und da einer mit kleinen braunen Flecken,  der Rest noch fest und knackig. Schnittlauch aus Israel, leider schon leicht angewelkt. Tafeltrauben, um die halbe Welt transportiert, nicht mehr ganz taufrisch. 125-Gramm-Schälchen mit Beeren aus Südamerika, dort und da bereits eine faule Beere im Packstück. Kiwi, Herkunft nicht erkenntlich, der Makel war auf den ersten Blick nicht ersichtlich. Dies war nur aus der Obst- und Gemüsetheke. Ersparen sie mir zu beschreiben, welche Lebensmittel und abgelaufenen Convinion auf der Rückseite des Supermarktes noch abgeholt wurden.

Wir zeigen liebend gerne auf den Konsumenten, der es anscheinend nicht schafft, so viel ein zu kaufen, wie er gerade braucht und ganze Packstücke in die Biomülltonne wirft. In unseren eigenen Reihen im Handel wird sorglos mit Lebensmittel umgegangen, wie die Runde mit der Müllabfuhr gezeigt hat.

Wie kann ein System so aus dem Ruder laufen? Es gibt dafür mehrere Gründe. Der Lieferant muss perfekte Ware liefern, die nach Möglichkeit im Lager und Geschäft fast ewig hält. Ist ein kleiner Makel am Produkt entstanden, dann wird reklamiert und die Ware „entsorgt“.

Für mich habe ich die zentrale Antwort gefunden: was nichts kostet ist nichts wert – das Wegwerfen hat somit keine große wirtschaftliche und emotionale Bedeutung.

Prem 17/2015