Kolumn

Positive Werbung

Wenn wir uns die Flugblätter und Werbeeinschaltungen der Lebensmittelhändler der letzten Jahre  ansehen, so fällt auf, dass immer nur die billigsten Produkte einer Kategorie beworben wurden.

Preis-Aktion, Dauerrabatt, minus 50%, nimm drei – zahl zwei oder ähnliche Verlockungen werden ihnen nicht unbekannt sein. Diese Aktionen werden angenommen. Die Kunden wurden über ein Jahrzehnt darauf konditioniert.

Erfahrene Psychologen erklären dieses Phänomen auch damit, dass dieses Verhalten in unseren Ur-Genen so abgespeichert sei. Es war immer überlebensnotwendig, mit möglichst wenig Aufwand zu möglichst viel Futter zu kommen, um die Art zu erhalten.

Diesen Reflex des Menschen nutzt der Handel und pflegt ihn, da dieses Verhalten regelmäßig über Flugblätter und Werbeeinschaltungen penetriert wird. Somit sind Kunden in diese Richtung „erzogen“ oder wie es in der Expertensprache heißt, konditioniert. In einer Negativ-Produktwerbung wird die Botschaft transportiert: das Produkt ist nicht mehr wert als den Billig-Preis.

Der Handel kann vorwiegend nur die billigsten Produkte ins Regal legen, da vorwiegend diese vom Konsumenten aus dem Geschäft mitgenommen werden.

Die Gesamtwertschöpfung tümpelt damit auf einem sehr niedrigem Niveau dahin und für die einzelnen Mitglieder in der Wertschöpfungskette wird der Anteil so gut wie nie weiter entwickelt.

Wenn wir EU-weit über unlautere Handelspraktiken des Lebensmittelhandels diskutieren, so ist dies doch die Unlauterste aller Praktiken. Der Vorletzte in der Kette unterbindet für alle vorgelagerten Teilnehmer beim Kunden eine Weiterentwicklung der Preise – und dies nachhaltig, wie wir in den alten Unterlagen sehen.

Da war es sehr wohltuend, dass jetzt eine große Serie von Werbeeinschaltungen in den auflagenstärksten Wochenendausgaben mit 4-Farben-Hochglanz die besondere Qualität von Gemüse ausgelobt hat. Dies ohne Billigst-Hinweis. Diese Art von Kundeninformation fällt mir in letzter Zeit vereinzelt und wohltuend immer wieder auf.

Eine ähnliche Entwicklung fällt auch teilweise bei Bioprodukten auf. Diese Ankündigungen sind als Beilage zu den Billigst-Aussendungen enthalten. Es werden dabei wieder Lebensmittel wegen ihrer besonderen Inhaltsstoffe, wegen ihres Nutzens für eine gesunde Ernährung oder wegen ihrer schonenden Produktionsweise ausgelobt – immer öfter zum Normalpreis ohne Rabatt. 

Der Erwerb und der Verzehr von solchen Lebensmitteln wird wieder zum Genuss und Erlebnis. Es steht dabei nicht die Befriedigung eines Urinstinktes nach einfachster Besorgung von Futter im Vordergrund. Es geht dabei wieder um Sinnlichkeit, Gaumenfreude und Glücksgefühle.

Fritz Prem