Kolumn

Ukraine-Krieg und EU-Green Deal

Der Krieg in der Ukraine hat nicht nur unser Alltagsleben und Handeln durcheinander gerüttelt. Es ist auch so, dass alte Lobbyisten im Zuge der Auswirkungen des Krieges verloren gegangene Matches nochmals um zu drehen versuchen.

Konkret erleben wir dies in der neu aufgeflammten Diskussion um den EU-Green Deal. Dieser sieht einschneidende Veränderungen auch in der Lebensmittelproduktion vor. Lebensmittel müssen in absehbarer Zeit unter mehr Tierwohl und wesentlich mehr ökologischen Bedingungen produziert werden. Fünfundneunzig Prozent der EU-Gesellschaft hat diese Bestellung bei fünf Prozent der Gesellschaft (dem agrarischen Teil) verbindlich aufgegeben.

Alteingesessene Lobbyisten verhindern die Zukunft

Alteingesessene Lobbyisten haben diese unumkehrbare Trendwende noch nicht mit erfasst und trommeln für eine Abschwächung, Verzögerung und Aussetzen des Prozesses. Weil es so viel einfacher für sie und ihr Klientel wäre und man sich damit nicht aus den mittlerweile gemütlichen (und unwirtschaftlichen) Zonen der bisherigen Arbeit heraus begeben müsste.

Es ist schwierig, neue Trends richtig zu gewichten und die Auswirkungen daraus auf die eigene Arbeit zu bewerten. Große Konzerne beschäftigen in ihren Strategieabteilungen ganze Expertengremien, um die sich abzeichnenden Zukunftstrends ein zu schätzen und eine belastbare Grundlage für ihre großen Entscheidungen zu haben.

Wie kann man als Entscheidungsträger eines kleinen oder mittleren Unternehmens mit solchen Fragestellungen umgehen: Wohin geht die Reise? Riesige und hochqualifizierte Beraterstäbe kann man sich im Normalfall nicht leisten. Wenn man über große Berufsverbände die Frage klären will, dann kommt man letzten Endes bei den vorhin zitierten Lobbyisten an.

Untrüglicher Seismograph

In solchen Fällen halte ich mich an untrügliche Seismographen. Es sind dies die letztendlichen Entscheidungen der großen Konzernlenker. Sie haben die Aufgabe, aufgezeigte Szenarien so um zu setzen, dass ihr Konzern in Zukunft wieder vorne dabei ist und die Ertragskraft sicherstellt.

Einige Beispiele

Die größte Rückversicherungsgesellschaft Europas hat die kommende Klimaveränderung durch hochqualifizierte Experten in ein mathematisches Modell für die Berechnung der zukünftigen Polizzen erstellen lassen. Der Chef glaubt an die Klimaerwärmung und hat das neue Polizzen-System umgesetzt.

Die größten Autokonzerne setzen auf E-Mobilität, um beim großen Trend vorneweg mit zu naschen. Dies trotz aller gegenteiliger Bedenken, die es gibt.

Einer der gewinnträchtigsten Konzerne Österreichs hat seinen letzten Jahresgewinn von 1,69 auf unvorstellbare 5,96 Milliarden Euro gesteigert. Dies aus dem Handel mit fossilen Energieträgern. Trotzdem baut der Konzernboss die Firma um und weg von fossilen Energieträgern.

Einer der größten Liebesmittelkonzerne der Welt vollzieht gerade einen stillen Wandel weg von denaturierten Nahrungsmitteln hin zu echten Lebensmitteln.

Wenn also alteingesessene Lobbyisten beim Thema EU-Green Deal jetzt versuchen, althergebrachte  Gewohnheiten ein zu mauern, dann wird sich ihr Klientel wahrscheinlich in absehbarer Zeit neue Vertreter suchen (müssen).


Fritz Prem