Kolumn

Allerwelts-Apfel

Viele meiner Kollegen beklagen sich bei der Produktion von Äpfeln immer wieder, dass ihre Kollegen in aller Welt alle möglichen Hilfsstoffe legal zur Verfügung haben. Obendrein haben sie die billigen Arbeitskräfte direkt vor der Haustüre. Für diese Arbeitskräfte gelten andere Sozialstandards. Viele Kollegen würden von der Kostenseite her liebend gerne auf gleichem Niveau produzieren wie ihre Kollegen in einem Land, das schwach entwickelte Umwelt- und Sozialstandards hat.

Die Äpfel wären genau so rot, so groß, hätten genauso viel Mindestzuckergehalt und Druckfestigkeit wie ihre unter bisherigen Bedingungen erzeugten Produkte – nur eben billiger  in der Produktion.

So weit, so gut. Nur darf man dieses Denkmodell nicht hier beenden, sondern muss es zu Ende denken. Falls ein Produzent in unseren Regionen all diese Möglichkeiten bekommen würde, dann hätte dies zur Folge, dass er so zu sagen „Allerwelts-Äpfel“ produziert, also Äpfel die wie auf anderen Teilen der Welt zu günstigsten Konditionen erzeugt werden.

Die Annahme, dass man dann billig erzeugte „Allerwelts-Äpfel“ zu einem höheren regionalen Preis verkaufen könnte, wird nicht funktionieren. Niemand sieht einem tatenlos beim Geldverdienen zu – viele werden es nachahmen. Damit haben wir die Situation, dass es in kurzer Zeit billig produzierte Allerwelts-Äpfel in Hülle und Fülle geben wird. Damit befeuern wir in einer Geiz-ist-Geil-Mentalität die Kübel- und Sackaktionen, aber mit Sicherheit nicht den Hochpreismarkt. Jeder schaufelt große Mengen weiter, von einer Marge ist weit und breit keine Spur.

Dieser Allerwelts-Apfel hat noch eine weitere zwingende Facette. Das Grundprodukt Apfel ist grundsätzlich ein sympathisches Lebensmittel. Man kann es relativ gut mit positiven Emotionen aufladen. Billigste Produktionskosten und gerade-noch-legale Betriebsmittel sind keineswegs positiv besetzt. Somit kann der Handel ein relativ günstiges Medium – den Allerwelts-Apfel –  einfach mit sympathischen und unwiderstehlichen Argumenten aufladen. Dies geschieht derzeit im Hochpreissegment.

Die Frage sei erlaubt: Warum soll in dieser (theoretischen) Konstellation der Produzent für sein sauberes, aber eher emotionsloses Produkt mehr als gerade die Produktionskosten erhalten, wenn die Hauptarbeit für den wirklich emotionalen Mehrwert jemand anderer macht.

Für mich steht fest: als Produzent bin ich gefordert, mein sauber produziertes Produkt mit Emotionen aus der Produktion auf zu laden, ansonsten wird es jemand anderer mit produktionsfernen Botschaften machen und seinen Anteil dafür nehmen.

Fritz Prem 03/2016