Kolumn

Steuerung Wertschöpfungskette

Wer die Wertschöpfungskette steuert, der verteilt auch die Marge – so ein ungeschriebenes Gesetz im Handelsleben.

Wenn wir die einzelnen Branchen genauer betrachten, so haben wir es doch mit sehr unterschiedlichen Situationen zu tun. Am Beispiel der Autobranche: der Produzent steuert die Wertschöpfungskette bis zum Verkauf an den Endkonsumenten. Nicht nur dass er die Logistik seiner Produkte organisiert, der Produzent schreibt sogar penibel genau seinem letzten Subhändler an der Peripherie vor, wie viel Rabatt möglich ist und sogar wie seine Verkaufsräumlichkeiten aus zu sehen haben. Die Autobranche hat es geschafft, das ihr Produkt und das dazugehörige Geschäftsfeld der Mobilität kontinuierlich vom zur Verfügung stehenden Haushaltseinkommen der Konsumenten mehr und mehr bekommt.

Dieses Anwachsen des Kuchenstückes am verfügbaren Haushaltseinkommen einer Familie geht zu Lasten anderer Sektoren. Der große Verlierer der letzten 15 Jahre war war der Bereich Lebensmittel.  Die Lebensmittel sind von Jahr zu Jahr besser und sicherer geworden. Lebensmittel sind in Europa im Überfluss vorhanden. Und sie sind von Jahr zu Jahr billiger geworden.

Vollsortimenter und Diskonter steuern heute im Wesentlichen die Wertschöpfungskette im Lebensmittelhandel. Noch nie dagewesene Konzentrationen im Lebensmittelhandel sind zu einer konzentrierten Einkaufsmacht geworden. Erzeuger von Lebensmitteln und deren Verkäufer haben keinen strategischen Ansatz, was sie einer derart konzentrierten Nachfrage entgegensetzen. Die Vollsortimenter konkurrieren untereinander, wer noch näher an das billige Angebot der Diskonter herankommt und muss daher mit billigeren Produkten aus seinem Sortiment den Preis nach unten nehmen. Die Diskonter können mit ihrer kostengünstigeren Struktur dem abgesenkten Preis der Vollsortimenter immer ein noch günstigeres Produkt entgegensetzen. Somit ist eine Preisspirale nach unten zum System erhoben. Mit sinkenden Preisen sinken auch die Margen je Einheit.

Aus den Jahresabschlüssen der Vollsortimenter ist zu ersehen, dass sie eine jährliche Umsatzrentabilität von ein bis maximal zwei Prozent erwirtschaften (Beispiel BMW 11,3%). Für diese Marge würden z.B. Autohersteller nicht einmal den Zündschlüssel umdrehen. Wenn sich der Lebensmittelhandel selbst nicht mehr Marge zugesteht, dann kann man sich vorstellen, was er seinen Vorlieferanten und Produzenten zugesteht.

In dieser Spirale sind wir im Lebensmittelhandel drinnen. Jeder muss im Tagesgeschäft schauen, dass er in einer solchen Situation für sich selbst zurechtkommt.

Niemand hat Energien frei, um zu überlegen, wie die gesamte Branche wieder zu einem größeren Kuchenstück vom Haushaltseinkommen der Konsumenten kommt.

 

Fritz Prem