Kolumn

Arroganz und Bio

Der Versuch einer kompletten Neufassung der EU-Bio-Verordnung durch die Europäische Kommission hat kurz vor Weihnachten  eine totale Bruchlandung hingelegt. Die EU-Bio-Verordnung ist die älteste Verordnung im agrarischen Bereich, die für ganz Europa gleich gilt. Alle bisher notwendigen Ergänzungen wurden über Verordnungen dazu gefügt. Somit ist es irgendwann logisch, eine alte Verordnung von Grund auf an neue Gegebenheiten an zu passen und somit neu zu schreiben.

Blaubeeren
Foto: Karin Pankarter, Wolfgruben

Eine Hand voll EU-Technokraten hat versucht, in einem Husarenritt eine neue Bio-Verordnung durch zu boxen. Bei jedem Gespräch und bei jeder Verhandlung hatte man das Gefühl, dass ihnen die Arroganz aus allen Poren trieft. „Wir sind die Kommission“ war anscheinend ihr Motto, wir schreiben die Gesetze!

Ich könnte hier die verantwortlichen Technokraten namentlich anführen, aber jeder kann sie selbst im Internet nachlesen. Sie verstanden das Handwerk des Gesetzeschreibens relativ gut, hatten aber keine Ahnung von den Bio-Gegebenheiten. Obendrein waren sie weitgehend resistent gegenüber Expertisen aus der Biobranche.

Ihr größter Fehler neben ihrer Arroganz lag darin, dass sie die Grundidee und somit das offene Erfolgsgeheimnis von Bio nicht verstanden haben. Sie haben sich festgebissen an der Sichtweise, dass ein Bioprodukt in erster Linie an im Labor festgestellten Rückständen gemessen wird. Wenn nur diese Sichtweise in ein Gesetz gegossen würde, dann hätte dies fatale Folgen.

Ein Bioprodukt ist nur deshalb ein Bioprodukt, weil es in einem genauen und nach umfassenden Richtlinien festgehaltenen ökologischen Gesamtprozess produziert und verarbeitet wurde. Die Kontrolle dieses Gesamtprozesses ist umfassend und aufwändig. Man könnte es sich einfach machen und nur auf die Rückstände des fertigen Produktes schauen. Somit wäre für jene die Türe zu Bio offen, die konventionell produzieren und genau wissen, welche Stoffe die Analytik bereits finden kann. Sie hätten dann auch ein de facto rückstandsfreies Produkt.

Auf der anderen Seite würde ein Biobauer sofort aus der Bioproduktion geworfen, wenn von seinem konventionellen Nachbarn eine Abdrift auf seine Kulturen kommen würde. Ein bösartiger Nachbar könnte sich „einen Spaß daraus machen“ und seinem ungeliebten Nachbarn die Existenzgrundlage zerstören.

Die Moral von der Geschichte: Arroganz und Machtgehabe haben in einer demokratischen Grundstruktur noch nie gut getan. Es gibt immer noch einen Souverän darüber, in diesem Falle das Europäische Parlament. Das ist gut so.

Fritz Prem 39/2016