Kolumn

Schachspiel

Schach ist eines der ältesten Spiele in unserer Kulturgeschichte. Es kam mit der Islamisierung Europas wahrscheinlich aus Persien zu uns. Im Hochmittelalter zählte es sogar zu den 7 ritterlichen Tugenden. Im 15. Jahrhundert wurden für dieses historische Spiel komplett neue Spielregeln aufgesetzt, im letzten Jahrhundert hat es die Denkmodelle eines ganzen Kulturkreises im Osten Europas geprägt. Im Schachspiel gewinnen immer die Strategen gegenüber den Taktikern. Das macht dieses Spiel so edel.

Der Begriff „Bauernopfer“ entstammt dem Schachspiel. Es ist dies die Preisgabe eines Bauern mit dem Ziel, einen anderweitigen Vorteil zu erlangen. Dieses Spiel in der realen Welt des Obst- und Gemüsehandels ist bereits wieder voll im Gange. Wenn eine Händlergruppe sich entscheidet, aus einem bisherigen Vertrags- und Vertriebswerk einer Erzeugerorganisation aus zu steigen und die Rohstofflieferanten beinahe lückenlos dazu bewegt, den ersten Schritt in Form einer Kündigung ihrer Erzeugerverträge zu tätigen, so ist dies mit Argumenten erklärbar. Wenn aber die dahinter befindlichen Händler ihre mit diesem Vertragswerk verknüpften Dienstleistungsverträge bis jetzt noch nicht gekündigt haben, um sich taktische Vorteile in diesem Procedere zu sichern, so wirft dies schon ein interessantes Licht auf den zeitlichen Ablauf. Es werden in diesem Spiel der Kräfte die Bauern vorgeschickt, um dann selbst ein scheinbar leichteres Spiel auf anderen Ebenen zu haben.

Die alten Füchse im Schachspiel wissen um die Macht eines Bauern, wenn es ihm gelingt, trotz aller Gefahren in die letzte Reihe der anderen Seite vor zu dringen. Aber dies ist eine andere Geschichte.

Ein guter Freund aus meiner Schulzeit lag bei den Jugendschachturnieren meist im Mittelfeld. Oft deshalb, weil er gegen die besseren Spieler im Turnier gewonnen und gegen die schwächeren Spieler verloren hat. Sein Manko war, dass er die schwächeren Spieler nicht ernst genug genommen hat. Dies ist auch eine interessante Facette dieses Spieles.

Wie ist es möglich, dass sich Erzeuger in der landwirtschaftlichen Produktion in eine Rolle wie die eines Bauern beim Schachspiel hinein begeben? Es ist ein langsamer und beinahe unbemerkter Prozess. An einer konkreten Stelle des Entwicklungsprozesses merkt man plötzlich, dass sich Strategen und Taktiker gegenüberstehen. Der Ausgang dieses Spieles ist oben beschrieben.

Fritz Prem 11/2016