Kolumn

Golden Delicious auf Talfahrt

Durch die Russlandsanktionen ist ein wichtiger Markt für europäischen Golden Delicious über Nacht weggebrochen. Die verbleibenden Märkte für dieses Sortiment sind damit angespannt.

Golden Delicious
Foto: Fritz Prem

Uraltreflexe von Händlern verschärfen diese Situation nochmals um einige Stufen nach unten: Wenn zu viel Ware da ist, dann muss der Preis eben ordentlich nach unten, damit wird sich die Situation schon von selbst entschärfen. Soweit, so gut.

Dieses reflexartige Verhalten kann ganz sonderbare Blüten treiben.

In Österreich gibt es durch die Blütenfröste eine Reduktion der Apfelernte um 80%. Damit ist eine deutliche Unterversorgung am Heimmarkt entstanden, der obendrein sehr stark auf regionale Herkunft konditioniert ist.

Die Situation ist für alle neu, dass die einheimische Herkunft irgendwann im Feber oder März auslaufen wird. Mit einer einzigen Ausnahme: Golden Delicious hat die Blütenfröste besser überstanden und man wird den österreichischen Bedarf bis zum Saisonende decken können.

In dieser Situation läuft plötzlich ein abartiges Spiel. Durch die insgesamt sehr angespannte Situation kommen Verhaltensmuster noch deutlicher zum Vorschein.

Trotz Unterversorgung mit heimischer Ware wird  der einzigen Sorte, die noch ausreichend da wäre, gerade übel mitgespielt.

Einzelne Anbieter sehen ihre Chance gekommen, dem Mitbewerber gerade in dieser Situation Marktanteile weg zu nehmen. Der Mitbewerb wird beim Kunden persönlich diffamiert und seine Dienstleistung wird subtil madig gemacht. Letzten Endes treibt man sich gegenseitig in eine Situation hinein, wo man über Preiszugeständnisse versucht, mit seinem eigenen Angebot gelistet zu bleiben. Soviel destruktive Energie bringt Ergebnisse.

Der Lebensmittelhandel als Kunde braucht nichts weiter zu tun, als zu warten, was ihm nach dem Hauen und Stechen am silbernen Tablett serviert wird. Er fordert beim Billigsten nochmals einige Cent Preisnachlass, weil dies Teil des Rituals ist.

Somit muss derjenige Lieferant, der letzten Endes das „Rennen“ gemacht hat, vorerst seine zu liefernde Qualität an den niedrigen Preis anpassen, damit er nicht total übrig bleibt. Hier beginnt der nächste Eiertanz: Golden Delicious erfüllt in der 2-Kilo-Tragtasche eben nur eine Mindestanforderung an die Qualität.

Die alten Füchse in der Branche kennen dieses Spiel auswendig. Sie sind aber verwundert, dass es auch in einer Phase der tendenziellen Unterversorgung so läuft. Sie erleben auf einer Bühne gerade ein Theater, bei dem der Eintrittspreis doch teuer ist.

Fritz Prem 042017