Kolumn

„VW-Skandal“ im LEH möglich?

Fast ungläubig vernehmen wir die Botschaft, dass VW als einer der renommiertesten Automobilhersteller der Welt bei einer zentralen Auslobung des Produktes im großen Stil vorsätzlich gemogelt haben soll. Der Folgeschaden gleicht einem Super-Gau.

Können sie sich vorstellen, dass ein solcher Super-Gau auch im Lebensmittelhandel vorkommt, dass eine der größten und renommiertesten Erzeugerorganisationen gefälschte Sicherheitszeugnisse vorlegt, um beim wichtigsten Kunden dessen extrem strenge Eingangs-Qualitätssicherung aus zu tricksen?

Einfach unvorstellbar. Mir graut davor, sich solche Horror-Szenarien im Lebensmittelhandel vor zu stellen. Alle, die in der Lebensmittelproduktion drinnen stehen, die wissen, dass es trotz bester Vorkehrungen und Absicherungen passieren kann, dass in einem Ablaufprozess in der Produktion unabsichtlich ein Fehler passieren kann. Dafür gibt es Sicherungssysteme und Qualitätssicherungen, die sehr ausgereift sind und bisher funktioniert haben.

Der Aufschrei in der Automobilbranche und an den Börsen ist riesengroß. VW hat anscheinend versucht, beinahe unnehmbare Hürden, die aber für die Weiterentwicklung des Zielmarktes wichtig waren, zu umgehen.

Ein wenig erinnert mich dies schon an Diskussionen, als von den ersten Diskontern und dann in weiterer Folgen von den Vollsortimentern Rückstands-Reduktionsprogramme gefahren wurden. Die Produzenten und auch der Großhandel, der die dazugehörige Logistik sicher zu stellen hatte, ächzten und fluchten teilweise unter den rigorosen Auflagen. Einige Jahre später sind diese Reduktionsprogramme Normalstandard, obwohl der Gesetzgeber selbst höhere Werte zulassen würde. Interessant auch, dass diese in der Produktion aufwändigen Reduktionsprogramme mittlerweile ohne Bonus-Zuschlag geliefert werden. Ab dem Zeitpunkt, wo der erste Lieferant diese härteren Auflagen erfüllen kann ist er gleichzeitig auch für alle anderen Lieferanten die Messlatte.

Wenn der „VW-Skandal“ bei einem indischen oder chinesischen Autohersteller passiert wäre, so würde man übermorgen zur Tagesordnung übergehen. Er ist aber im Premium-Segment passiert.

Im Lebensmittelhandel würde dies bedeuten, wenn der renommierteste Bio-Händler konventionelle Ware zukauft, diese umetikettiert und als Bioware verkauft. Aber auch hier ist es so wie im Autohandel: Lügen haben kurze Beine und im LEH wäre der Gauner im Handumdrehen maustot. Ich erinnere mich noch gut, wie vor gut zehn Jahren ein renommierter Kartoffelhändler mit umetikettierten Biokartoffeln sein Glück versuchte. Er selbst saß eineinhalb Jahre im Gefängnis, sein gesamtes Vermögen ist weg.

Prem 39/2015