Kolumn

Bio-Land

Eine interessante Entwicklung hat sich in den letzten Wochen aufgetan. Nicht nur die Gesetzmäßigkeiten der Natur sind die Grundlage einer sich entwickelnden  Bio-Lebensmittelproduktion sondern auch die (vernünftig oder nicht vernünftig erscheinenden) Spielregeln des Marktes.

Es gibt innerhalb der Bioproduktion, die auf Basis der EU-Bio-Verordnung aufbaut, eine Reihe von „Strömungen“. Demeter ist die älteste Gruppe unter den Bio-Verbänden. Weitere „Bio-Verbände“ haben sich entwickelt – dies unter der Erkenntnis, dass die EU-Bio-Verordnung zu viele „Kompromisse“ enthält. Der zentrale Kritikpunkt der Bio-Verbände ist, dass in der EU-Bio-Verordnung eine Teilbetriebsumstellung möglich ist – dies ist in keinen Bio-Verbandsrichtlinien erlaubt.

Da bei der Gründung der Bio-Verbände auch die (höherwertigen) Verbandsrichtlinien festgeschrieben wurden, wurde auch gleichzeitig eine individuelle Regelung für jeden Verband festgeschrieben. Wenn wir als Praktiker die diversen unterschiedlichen Regelungen vergleichen, dann kann kaum ein essentieller Unterschied festgestellt werden – nur „Federfuchser und Winkeladvokaten“ (Originalzitat) können daraus gravierende Unterschiede konstruieren.

Bis vor einiger Zeit war es so, dass sich gut eingeführte Bio-Verbände mit annähernd gleichen Richtlinien gegenseitig ihre Richtlinien anerkannt haben – so z.B. die großen Bio-Verbände Bioland und Naturland.

Bio-Vermarkter, die von beiden Bioverbänden zertifiziert waren, konnten zu einem Naturland-Kunden auch Biolandware liefern und umgekehrt.

Die Welt ist seit Kurzem ganz anders. Naturland hat versucht, bei einem der ganz Großen im Lebensmittelhandel eine Bevorzugung von Naturland-Ware zu erwirken.

Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Bioland sicherte sich durch einen Exklusiv-Liefervertrag bei einem Mitbewerber ein Marktsegment. Dieses Handeln entspringt den Köpfen von Strategen und Marketing-Experten. Sie wollen in einem wachsenden Segment rechtzeitig für ihr eigenes Klientel ein größeres Stück vom Kuchen innerhalb des Biosegmentes sichern.

Eine kleine Ironie in dieser Entwicklung ist, dass Bioland und Naturland ihre gegenseitige Anerkennung der jeweiligen Richtlinien aufgekündigt haben. Das heißt für Vermarkter, dass sie wieder strikt nach Verband die diversen Bio-Verbandswaren trennen müssen, da ein paar Punkte oder Beistriche in den Richtlinien unterschiedlich sind - was bisher nicht sonderlich störte.

Eine weitere Ironie am Rande: der Präsident von Bioland ist auch gleichzeitig der Präsident von IFOAM – des Dachverbandes aller Bio-Verbände Europas. IFOAM wurde gegründet, um die Interessen der Bio-Verbände gemeinsam zu stärken und nicht, um sie auseinander zu dividieren.

Fritz Prem