Kolumn

Bio und die EU

Fast alles was in der Bio-Szene in Europa Rang und Namen hat, war beim IFOAM Europakongress in Wien da. Ergänzt wurde die Besucherriege von ranghohen EU-Politikern und hohen Entscheidungsträgern der EU-Kommission.

Neben den Vorträgen und den begleitenden Diskussionen zum Thema GAP, deren Budgetierung und den daraus resultierenden Fördergeld-Flüssen war diesmal auch das Thema der fairen Handelspraktiken ein Schwerpunkt.

Vordenker, die in der Produktion umweltschonende Methoden entwickelt haben und mit Resourcen verantwortungsvoll umgehen wollen, die treffen auf eine Handelslandschaft, der diese Aspekte bisher relativ egal waren.

Im bisherigen LEH- und Diskonter-Geschäft war der billigste Preis eines der wichtigsten Argumente (siehe die Werbeaussendungen von LEH und Diskonter der letzten 10 Jahre). Nach feststellen der Mindestqualität ging es im Einkauf nur um das Eine. Eine zuverlässige Lieferung wird vorausgesetzt.

Somit sind für Bio-Anbieter die „Kultur-Brüche“ zwischen Einkauf im Handel und ihrer bisherigen  Philosophie in der Bio-Produktion deutlich stärker spürbar als bei konventionellen Kollegen.

Die Vertreter der Europäischen Kommission haben in ihren Ausführungen unmissverständlich festgehalten, dass ein Vorgehen gegen unlautere Einkaufspraktiken im Lebensmittelhandel mit einer unerwarteten Konsequenz umgesetzt wird. Falls ihre Denkansätze wahr werden, dass sie diese Verfahren in die Nähe der nationalen Wettbewerbshüter ansiedeln möchten, dann greift die Sache. Wer will sich schon mit der Kartellbehörde anlegen.

Bisher haben die bekanntesten Chef-Einkäufer der großen Player diese Ansinnen mit einem Handstreich vom Tisch gewischt, zumindest war man in den Diskussionen beim Kongress dieser Meinung. Ihr Kalkül lautet: zum einen trauen sich jene Lieferanten nicht , die man „gefügig“ gemacht hat, ein Verfahren an zu strengen (auch wenn es anonym abgehandelt wird). Zum anderen ist es so, dass man schon mehrere Strafen aus anderen Bereichen aus der „Portokasse“ bezahlt hat. Wenn das System weiterhin funktioniert, dann holt man sich das Bußgeld ja wieder im Handel zurück.

Diese Haltung ist auch den Technokraten in der Europäischen Kommission bewusst. Vielleicht legen sie derzeit gerade deshalb besondere Konsequenz an den Tag.

Ein Gefühl beim Nach-Hause fahren vom Kongress: es könnte möglich sein, dass die handelnden Personen von sich aus eine Einschleif-Regelung bei den Handelspraktiken machen - wer will schon gerne mit diesen Behörden zu tun haben und obendrein beim nächsten Shit-Storm in den sozialen Medien die Hauptrolle spielen.

Fritz Prem