Kolumn

Kultur des Scheiterns

Erfolg hebt das Ansehen, Scheitern an einer Aufgabe stärkt die Persönlichkeit – eine Lebensweisheit, die uns einer meiner Lehrer auf den Weg mitgegeben hat.

Wenn ich den Vorgang des Scheiterns eines Weggefährten mit verfolge, dann wird mir oftmals bewusst: Wir haben in unserem Kulturkreis kaum eine „Kultur des Scheiterns“ entwickelt. Das belegt ein „Rosenkrieg“ im Zuge einer Ehescheidung und geht hin bis zum Scheitern eines Jungunternehmers, der in diesem Zusammenhang viel von seinem gesellschaftlichen Ansehen einbüßt. Wir haben kaum gelernt, zum richtigen Zeitpunkt die Entscheidung zu treffen, noch einmal alle Kraft zusammen zu nehmen und den Sprung aus der Krise zu schaffen oder wenn nötig geordnet die Reißleine zu ziehen.

Ich könnte hier eine lange Liste jener großen Persönlichkeiten aus dem Lebensmittelhandel aufzählen, die öfter als einmal an großen Dingen gescheitert sind und trotzdem jetzt zu den erfolgreichsten der Branche zählen. Sei es der erfolgreichste Einzelunternehmer in der Geschichte des österreichischen Lebensmittelhandels, sei es der anerkannteste und schrillste Bio-Guru Österreichs, sei es der Eigentümer der innovativsten und bekanntesten Schokolademanufaktur im Lande. Sie und viele andere haben in ihrem Lebenslauf markante Stationen, an denen sie gescheitert sind. Sie haben aber auch das Überwinden dieses Scheiterns als eines ihrer Markenzeichen im Lebenslauf.

Trotz Insolvenzrecht und einer Gerichtsbarkeit, die Streit schlichten und Scheitern in geordnete Bahnen lenken soll, haben wir eine gesellschaftlich sehr unterentwickelte Kultur des Scheiterns.

Ich erlebe immer wieder bei Seminaren für Persönlichkeitsentwicklung, dass Seminarteilnehmer Richtung Alpha-Tier trainiert werden. Es ist aber doch so, dass irgendwann der einsame Wolf auch stirbt.

Scheitern ist keine Schande. Es kommt darauf an, wie ein Scheitern zu Stande gekommen ist. Wenn Leichtsinn mit Unwissen gepaart ist, so ist dies eine explosive Mischung.

Statistiken über Gründe von Insolvenzen sind ernüchternd. Sieben von zehn gescheiterten Firmen sind durch das Führungspersonal verursacht und drei von zehn haben Ursachen, die von außen kommen, wie zB die Zahlungsunfähigkeit eines großen Kunden.

Bei den Ursachen, die aus dem eigenen Betrieb kommen, liegt die übermäßige Privatentnahme aus der Firma weit vorne.

Vielleicht erklärt dies, warum sehr oft wenig Verständnis für das Scheitern von Geschäftspartnern da ist.

Prem 26/2015