Kolumn

Macht der Gewohnheit

Wir machen etwas , weil wir es immer so gemacht haben.

Nicht immer ist es aber so, dass wir mit unreflektierten Entscheidungen automatisch Erfolg hatten.

So auch beim Ordern von Bio-Äpfeln aus der Südhalbkugel. Erfahrungsgemäß sind Kontingente für Bioäpfel bereits vor der Ernte in deren Ursprungsländern in Chile, Argentinien, Südafrika oder Neuseeland fix zu ordern.

Die europäischen Produzenten würden sich eine solche Vorgangsweise auch für ihre Ernte wünschen: fixe Menge, fixer Preis. Dies ist aber nur der eine Teil der Geschichte.

Für die Saison 2018/2019 gibt es in Europa ausreichende Erntemengen an Bioäpfeln, um den Markt bis zum Anschluss an die neue Ernte zu versorgen.

Der Lebensmittelhandel hat aber aus der Macht der Gewohnheit heraus wiederum ab Mai größere Kontingente an Bio-Äpfeln aus der Südhalbkugel geordert.

Damit entsteht eine Situation, die eigentlich niemand so richtig will. Die Konsumenten sind nicht wirklich scharf drauf, Bioprodukte zu kaufen, die um die halbe Welt transportiert werden, wenn es gleichzeitig ausreichend Ware von zu Hause gibt. Biokunden lassen sich besonders in diesem Punkt stark sensibilisieren.

Vor allem in Deutschland wird es ab Mai so sein, dass im Regal Bio-Äpfel aus Übersee liegen, während gleichzeitig für die Ware aus Europa dieser Vertriebskanal verschlossen wird. 

Bisher war es so, dass in der jeweils laufenden Saison die Übersee-Ware spürbar teurer war als die Bio-Äpfel aus Europa. Dies war dem Lebensmittelhandel nicht ganz unrecht. Der Konsument war nach kurzer Zeit den Preis gewohnt und es konnte mit den ersten Bio-Äpfeln aus europäischer Ernte am Übersee-Preis angeschlossen werden.

Wenn aus dieser Vorgangsweise heraus am Ende der Saison nicht alle europäischen Bio-Äpfel den Weg zum Konsumenten gefunden haben, dann können wir davon ausgehen, dass eine breitere Diskussion einsetzt, wie sinnvoll es war, Bio-Produkte um die halbe Welt zu transportieren, wenn es davon zu Hause auch ein ausreichendes Angebot gibt.

Die Bio-Kunden sind sensibler und lassen sich nicht nur mit Energievergleichen aus Transport und Lagerung besänftigen. Es ist ihnen ein zentrales Anliegen, dass regionale Kreisläufe funktionieren.

Bio-Themenabende in diversen Fernsehmedien haben in den letzten Wochen Bio vom „anderen Ende“ der Welt stark hinterfragt. Die Reaktionen der Zuseher waren daraufhin relativ intensiv.

Fritz Prem