Kolumn

„Gemanagte“ Sorten

Bei einer hochrangig besetzten Veranstaltung stellte einer der größten Experten für Apfelsorten letzte Woche vor, dass es weltweit 57 Apfel-Sorten gibt, die über ein normales Züchterlizenz-System hinaus gehendes Regelwerk haben.

Diese Regelwerke sind im Normalfall so ausgestaltet, dass neben der Züchterlizenz alle Teilnehmer in der Wertschöpfungskette zu mehr oder weniger rigorosen Spielregeln verpflichtet werden. Der Erzeuger bezahlt einen Eintrittspreis, nur dann kann er diese Sorte pflanzen und kultivieren. Bei den erfolgreicheren Konzepten wird vom „Club“ eine Begleitung/Beratung in der Produktion organisiert, um die Besonderheiten der Sorte aus zu steuern.

Für die nach gelagerten Bereiche gibt es genaue Auflagen bei der Sortierung, Verpackung und der Präsentation im Geschäft. Eine neue Züchtung ist meist sehr rasch mit einem neuen Pickerl oder Logo versehen. Wirklich hoch professionell beginnt aber die Arbeit aber erst ab dieser Tätigkeit.

Es zeichnet sich ab, dass wir in einigen Jahren einem größeren Teil der 57 Sorten keine besondere Aufmerksamkeit zuwenden werden. Sie sind mit ihrem Konzept in die „Normalität“ abgeglitten. Daher wird der Anteil an erfolgreich gemanagten Sorten an der Gesamtproduktion langsamer wachsen. Jene, die in einem funktionierenden Club sind, die werden dies zu schätzen wissen.

Die große Frage der Direktvermarkter war, warum sie nicht auch ungehindert an neue Sorten herankommen. Sie machen doch aus ihrer Sicht auch einen Teil der Vermarktungsarbeit.

In der Diskussion nach den Vorträgen kam ganz klar heraus, dass eine gemanagte Sorte zum Ziel hat, nur über eine eingeschränkte Anzahl an Anbieter zum Konsumenten zu kommen. So genannte Broker sollten ein Preiskarussell nach unten möglichst lange verhindern.

Ehrlich gestanden, ein Direkt-Vermarkter der direkt an seinem Kunden ist, der braucht keinen Club-Zwang für seinen Vertrieb. Er hat tagtäglich die Möglichkeit, seinem Kunden Botschaften über das Produkt mit zu geben. Er muss aber auch selbst dafür sorgen, dass er sich mit seinem Nachbarn nicht in einem Preiskampf verheddert.

Wir arbeiten mit einer Dauerkultur. Das heißt, dass wir heute pflanzen sollten, was die Konsumenten in 10 Jahren essen werden. Es ist schon interessant, auf welche Sorteneigenschaften bei der Auswahl einer neuen Sorte derzeit das Augenmerk gelegt wird – ob das auch in 10 Jahren relevant ist?

Fritz Prem