Kolumn

Pflanzenschutz und Anwender

Rückstände von Pflanzenschutzmittel haben eine gewisse Brisanz in sich. Auf der einen Seite werden Bedrohungs-Szenarien im ungeahnten Ausmaß dargestellt, auf der anderen Seite gibt es hoch professionelle Beschwichtigungsversuche, die Pflanzenschutzmittel zu bagatellisieren.

Altgediente „Experten“  vergleichen als Referenten bei Sachkundenachweis-Kursen zu oft die LD50 (ein standardisierter Gradmesser für die Giftigkeit eines Produktes) eines Pflanzenschutzwirkstoffes mit der LD50 von normalem Kochsalz (Zutat in der Küche), um die Gefährlichkeit von Pflanzenschutzmitteln herunter zu spielen.

Tatsache ist, dass Einzelwirkstoffe von Pflanzenschutzmitteln nach dem heutigen Stand des Wissens  relativ gut untersucht sind. Auf Grund der Risikobeurteilung der Zulassungsstelle gibt es dann Einschränkungen in der Anwendung. Diese sind so bemessen, dass einem durchschnittlich gesunden Menschen keine Gefahr erwachsen sollte.

Was in der ganzen Diskussion ein wenig zu kurz kommt, ist die Situation des Anwenders. Ein Bauer oder dessen Mitarbeiter arbeiten mit Pflanzenschutzmitteln in der Originalkonzentration aus dem Herstellerwerk. Leider beobachte ich viel zu oft, dass ein Schutzanzug, Schutzhandschuhe, eine Schutzbrille und ein Atemschutz auch bei uns in Europa viel zu selten Verwendung finden. Sie liegen oft griffbereit, damit man diese Utensilien bei einer Kontrolle sofort zur Hand hat.

Pulverförmige oder staubförmige Formulierungen sind gegenüber flüssigen Formulierungen für den Anwender eindeutig im Nachteil. Dies ist aber ein zweitrangiger Aspekt.

Dieses Thema ist mir vor einigen Tagen wieder besonders ins Bewusstsein gekommen. Ich bin mit einem mir langjährig bekannten Obstbauern ins Gespräch gekommen. Als Obstbauer hat er beinahe 50 Jahre Berufsleben hinter sich. Sein Schwiegersohn ist Arzt.

Dieser Arzt hat ihn darauf aufmerksam gemacht, dass man labortechnisch auch kleinste Mengen von Fremdstoffen im Körper feststellen kann. Neben den Weichmachern von Kunststoffen las sich das Ergebnis einer Probe von seinem Körper wie ein Spritztagebuch aus vergangenen Zeiten. Ein ernüchterndes Ergebnis.

Wir haben darüber fach gesimpelt, wie dies möglich sein kann. Für alle Pflanzenschutzwirkstoffe sind die Halbwertszeiten genau ermittelt. Es müsste schon längst alles wieder den Körper verlassen haben - dem ist aber nicht so.

Die Diskussion mit den Konsumenten über Pflanzenschutzmittel-Rückstände ist die eine Sache. Auch das Thema Abdrift ist ehrlich zu bearbeiten.

Die größte Brisanz liegt aber in der Bewusstseinsbildung für den Schutz des Anwenders.

Fritz Prem