Wittenberg Gemüse / Elite Frische Service GmbH

Gesetzliche Vorgaben und Marktgesetze23. Juni 2025

Für Juristen ist es oft ein Lernprozess, den Unterschied zwischen Recht und Gerechtigkeit zu lernen. Was junge Kollegen in unserer Branche oft nicht wahrhaben wollen, ist der Unterschied zwischen gesetzlicher Vorgabe vom Staat und den ungeschriebenen Gesetzen des Marktes.

Wir alle wissen, dass es Qualitätsklassengesetze in der Obst und Gemüsebranche gibt. Da sind gesetzlich auch gewisse Toleranzen vor gesehen. Alle in der Branche wissen aber auch, dass je nach Angebot und Nachfrage diese Toleranzen akzeptiert oder auch nicht akzeptiert werden.

Da hilft ein Hinweis auf die gesetzliche Lage nichts, wenn ein Mitbewerber Lieferungen mit niedrigeren Toleranzwerten (Beimengungen niedrigerer Qualitätsklasse) anbietet.

Die Kunden im Lebensmittelhandel sind fast immer rigoroser bei der Übernahme oder Zurückweisung einer Lieferung wie der Qualitätskontrollor der Lebensmittelbehörde, der vielleicht einen Strafbescheid über 200,- Euro ausstellt.

Dies wird sehr oft nicht bedacht, wenn Produzenten um möglichst lange Übergangsfristen von alten auf neue Regelungen kämpfen. Sie übersehen oft einen zentralen Punkt. Und da ist der Markt unbarmherzig. Was machbar ist, das wird eingefordert. Unabhängig davon, ob der Gesetzgeber leichtere Hürden ermöglichen würde.

Einige Beispiele gefällig? 

Bei der Rückstandsproblematik durch synthetische Pflanzenschutzmittel auf Obst und Gemüse haben  Interessensverbände der Industrie und Bauernverbände relativ lange Übergangsfristen für Reduktionen und Höchstwerte erstritten und durch langfristige Zulassungen gesetzlich gesichert.

Der Start vom Lidl Deutschland Pflanzenschutzreduktionsprogramm vor Jahren hat innerhalb kürzester Zeit auf die gesamte Branche übergegriffen.

Heute findet man kein Premium-Verkaufsprogramm, das bei den Rückständen die gesetzlichen Höchstwerte erlaubt. Nachdem Motto – was möglich ist, das erwarten wir sofort von den Lieferanten. Unabhängig von gesetzlich langen Fristen.

Da gibt es Einschränkungen auf 10% der gesetzlichen Rückstandswerte oder Einschränkungen bei der Anzahl der Wirkstoffe – was möglich ist, das wird relativ rasch zum Standard.

Es hängt am Geschick der Beteiligten, inwieweit man die höheren Kosten von höheren Standards im Produktpreis unter bringt.

Zu oft war es so, dass Anbieter bei solchen Bruchstellen ihre Chance gekommen sahen, und genau da den höheren Standard zum gleichen Preis angeboten haben. Dies in der Hoffnung, gerade jetzt den Mitbewerber aus dem Boot zu drängen. Damit ist die Antwort zur Frage vorhin gegeben.

Wenn wir auf aktuelle Beispiele in der Lebensmittelproduktion schauen wie Anbindehaltung bei Rindern oder Vollspaltenböden bei Schweinen, so wird es dort genau so laufen.

Was möglich ist, das holt sich der Markt so schnell als möglich, unabhängig von den gesetzlichen Übergangsfristen.


Fritz Prem

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