„Weniger Geld aus Brüssel heißt auch weniger Vorgaben“ Kaniber: EU-Finanzrahmen gefährdet Verlässlichkeit für Landwirtschaft und ländliche Räume
Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber hat den vorgestellten Vorschlag der Europäischen Kommission zum Mehrjährigen Finanzrahmen deutlich kritisiert. Eine Kürzung des gesicherten Haushalts der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) um 20 Prozent missachte die Bedeutung der Landwirtschaft in der EU als die Sicherung der eigenen Ernährungsgrundlage und sei so nicht akzeptabel.
„Die inhaltlichen Vorschläge der EU-Kommission zur Gemeinsamen Agrarpolitik gehen in Teilen in die richtige Richtung – aber schöne Ansätze reichen nicht“, erklärte Kaniber am Mittwoch in München.
„Sie müssen auch in der Praxis Freiräume schaffen und umsetzbar sein. Denn eins ist klar: Wenn weniger Geld aus Brüssel kommt, müssen auch die Vorgaben weniger werden. Brüssel muss weitere Verschärfungen unterlassen.“
„Deshalb muss die Kommission die EU-Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten (EUDR), die Wiederherstellungs-Verordnung und das Bodenüberwachungsgesetz stoppen. Weniger Geld darf nicht mit mehr Auflagen einhergehen. Das funktioniert nicht – und es gefährdet die Existenz vieler Betriebe.“
Die GAP sei Anfang der 60er Jahre in Europa entwickelt worden, um die Ernährung und die Lebenshaltung der landwirtschaftlichen Familien zu sichern.
„Wir dürfen dieses Ziel nicht aus den Augen verlieren. Und schon gar nicht dürfen wir die Unterstützung für die Lebensmittelproduktion runterfahren und gleichzeitig neue Auflagen beispielsweise durch die Wiederherstellungs-Verordnung oder EUDR für die Betriebe schaffen“, so die Agrarministerin.
„Wenn wir unsere Landwirte mit überzogenen Auflagen in die Aufgabe treiben, gefährden wir nicht nur regionale Versorgung – sondern am Ende auch die Ernährungssouveränität Europas. Dabei ist die Sicherung unserer Ernährung gerade in der heutigen Zeit ein geostrategisches Ziel unseres Kontinents“, stellte Kaniber klar.
„Dann steht nicht weniger als unsere Unabhängigkeit auf dem Spiel.“
Positiv hob sie hervor, dass die Kommission offenbar wieder stärker den Mitgliedstaaten und Regionen Gestaltungsspielräume einräumen wolle.
„Das ist ein wichtiges Signal. Die überzogenen bürokratischen Verfahren der aktuellen Förderperiode mit nationalen Strategie- und Umsetzungsplänen taugen nicht für die Zukunft.“, sagte Kaniber.
Allerdings werde man genau beobachten, ob diese Freiräume auch wirklich eingeräumt werden.
Besonders erfreulich ist für die Ministerin, dass sich Agrarkommissar Christophe Hansen an mehreren bayerischen Forderungen orientiere. Diese stützen sich auf die Empfehlungen des von Kaniber eingesetzten Bayerischen Praktikerrates.
„Dass die Kommission die einkommenswirksamen Zahlungen für unsere Familienbetriebe beibehält, ist ein klares Zeichen in die richtige Richtung“, betonte Kaniber. Auch der geplante Abbau kleinteiliger Vorgaben zugunsten weniger, aber wirksamer Nachhaltigkeitsstandards entspreche den Bedürfnissen der Praxis.
„Dass Brüssel unsere bayerischen Vorschläge zu klareren und praktikableren Förderstandards ernst nimmt, ist ein positives Signal“, so Kaniber weiter. Die Zusammenführung von Öko-Regelungen und Agrarumweltmaßnahmen sowie die stärkere Berücksichtigung von Tierhaltung und Grünland im Rahmen der Direktzahlungen wertet sie als Fortschritt.
Kritisch äußerte sie sich zur Finanzarchitektur des Vorschlags: „Für einen weiteren schweren Fehler halte ich, dass die Kommission kein eigenständiges Budget für die zweite Säule der Agrarpolitik vorsieht. Das fügt der Verlässlichkeit für unsere bäuerlichen Familienbetriebe einen schweren Schlag zu.“
Eine solche Entwicklung bedeute faktisch eine Renationalisierung der Politik für die ländlichen Räume. „Wenn die ländlichen Räume in Europa künftig nicht mehr verlässlich abgesichert sind, dann schwächt dies auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt“, warnte die Ministerin.
Sie appellierte an die Bundesregierung, sich in Brüssel klar für die Interessen der Landwirte und der ländlichen Räume einzusetzen: „Es braucht einen fairen Umgang mit den Bauernfamilien und dem ländlichen Raum in ganz Deutschland – sonst droht ein gefährliches Ungleichgewicht zwischen Stadt und Land.“
Quelle: StMELF
Veröffentlichungsdatum: 17.07.2025