Podiumsdiskussion bei den Öko-Feldtagen: „Lebensmittelverschwendung ist Wasserverschwendung“
Auf den Öko-Feldtagen am sächsischen Wassergut Canitz diskutierten Experten der Bio-Branche am Stand der Böhmer-Gruppe über den Zusammenhang zwischen Wasserschutz und Lebensmittelverschwendung.
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Ein Drittel der weltweit produzierten Lebensmittel landet nicht auf unseren Tellern, sondern im Müll. Neben den durch Anbau, Transport und Verarbeitung entstehenden CO2-Emissionen verschwenden wir damit auch enorme Mengen Wasser.
Statements von den Folgenden Teilnehmer:innen die auf dem Podium mit dabei waren:
- Prof. h.c. Dr. Chirine Etezadzadeh, Vorständin Demeter e.V.
- Dr. Bernhard Wagner, Geschäftsführer Wassergut Canitz GmbH
- Lukas Nossol, Leiter Unternehmenskommunikation dennree GmbH
- Dr. Robert Poschacher, Geschäftsführer Naturkind Lebensmittelvertriebs-GmbH
- Josefine Hardt, Geschäftsführerin Bio Kartoffel Erzeuger e. V.
- Christina Marandi, Projektmanagerin für die Bio-Branche
- Klemens Fischer, Beiratsvorsitzender der Akademie für ökologische Land- und Ernährungswirtschaft Schloss Kirchberg
- Raphael Kennerknecht, Geschäftsführer lehmann natur
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„Wasser, diese scheinbar selbstverständliche Ressource, wird zur Währung der Zukunft“, mahnte Klemens Fischer, Beiratsvorsitzender der Akademie für ökologische Land- und Ernährungswirtschaft Schloss Kirchberg.
Am 18. Juni moderierte er im Rahmen der Öko-Feldtage am Stand der Bio-Großhändler Bio-Importeure und Erzeuger lehmann natur und Bivano eine hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion.
Dr. Bernhard Wagner, Geschäftsführer des Wassergut Canitz und Gastgeber der Öko-Feldtage, bestätigte Fischers Warnung: „In den letzten zehn Jahren fehlen uns knapp zwei Jahresniederschlagsmengen – und hier regnet es eh schon nicht viel.“
Laut Wagner braucht es jedoch folglich nicht nur in der heimischen Produktion einen Paradigmenwechsel: „Wir importieren immer mehr Produkte aus Regionen, wo die Wasserbilanz noch viel schlechter ist als bei uns in Deutschland.“
Um der Lebensmittel- und Wasserverschwendung zu begegnen, plädierte er für mehr Aufklärung. Viele Menschen wüssten etwa nicht, wie sie Lebensmittel richtig lagern. Dabei könne auch der Einzelhandel mit Informationskampagnen helfen, so Wagners Vorschlag.
Christina Marandi, Projektmanagerin für die Bio-Branche, verdeutlichte den Zusammenhang von Lebensmittel- und Wasserverschwendung an einem Beispiel: „Für eine Limette benötigen wir im Anbau bis zu 100 Liter Wasser – das sind 10.000 Liter für eine Kiste.“
Im Rahmen des internationalen BREADCRUMB-Projekts hat Marandi gemeinsam mit lehmann natur festgestellt, dass Erzeuger etwa 30 Prozent ihrer Limetten aufgrund strenger Vermarktungsnormen nicht verkaufen können – zum Beispiel, weil sie nicht die richtige Farbe haben. „Es gibt eben nicht nur grüne, sondern auch gelbliche Limetten.
Die haben jedoch genauso eine Daseins- und Vermarktungsberechtigung“, betonte Marandi. Sie sieht mitunter den Einzelhandel in der Verantwortung, Handelsnormen flexibler zu gestalten, Konsumenten entsprechend aufzuklären um Verschwendung zu vermeiden. „Der Kunde möchte mitgenommen werden!“, bekräftigt sie.
Lukas Nossol, Leiter Unternehmenskommunikation bei dennree, riet in der Kundenansprache zu Klarheit und Beständigkeit: „Nicht zu viel, nicht zu stark, nicht zu komplex, aber immer permanent dranbleiben“.
Er zeigte sich optimistisch, dass sich auch für einige wasserkritische Produkte Lösungen finden lassen. Zum Beispiel für Datteln: „In Algerien haben wir Lieferanten gefunden, die am Rande der Wüste ihre Datteln in Kuhlen anpflanzen, sodass sie näher an den Grundwasserspiegel kommen.“
So konnte der Wasserverbrauch auf ein Zwanzigstel reduziert werden. Nossol thematisierte jedoch auch den oft kritisierten, wasserintensiven Anbau von Beeren in südeuropäischen Ländern.
Dieser Kritik stellte sich auch Dr. Robert Poschacher, Geschäftsführer der zu EDEKA gehörenden Naturkind Lebensmittelvertriebs-GmbH. 2023 hatte der Verein Campact EDEKA mit einer Kampagne vorgeworfen, mit dem Verkauf spanischer Erdbeeren die Dürre im Doñana Nationalpark zu verschärfen.
„In der Saison kommen aktuell alle unsere Erdbeeren aus Deutschland. Wir setzen auf Nachhaltigkeitsprogramme, externe Audits und arbeiten auch beim Wasserschutz intensiv mit dem WWF zusammen“, so Poschacher. Mit all diesen kleinen Schritten in die richtige Richtung habe ein Unternehmen wie EDEKA einen großen Hebel.
Prof. h.c. Dr. Chirine Etezadzadeh, neue Vorständin des Demeter e.V., betonte wie wichtig es sei, dass Lebensmittel mehr wertgeschätzt werden. „Demeter-Produkte sind etwas hochpreisiger. Das liegt an unseren Produktionsverfahren. Und das kann dazu führen, dass der Kunde auch etwas bewusster einkauft“, sagte sie.
Dies wirke sich positiv auf Wasserschutz und Lebensmittelwertschätzung aus. Etezadzadeh apellierte: „Anstatt viel zu kaufen und viel wegzuwerfen, genießen Sie das, was Sie essen, und machen Sie sich bewusst, wieviel Liebe, Hingabe und Mut in den Produkten steckt.“
Neben Etezadzadeh betonte auch Josephine Hardt, Geschäftsführerin des Bio Kartoffel Erzeuger e. V., wie wichtig gesunde Böden für den Wasserschutz seien. Wie viel es regnet und wie viel Wasser verdunstet, könnten zwar auch Bio-Bauern nicht aktiv beeinflussen.
Doch ohne Ackergifte, dafür mit Humusaufbau und Fruchtfolgen schafften Bio-Landwirte eine gute Bodenstruktur. „Die Bodenstruktur entscheidet letztendlich darüber, wieviel Wasser im Boden gehalten wird und wie viel abfließt – und damit über Erfolg und Misserfolg einer Ernte“, so Hardt.
Auch jenseits der Podiumsdiskussion griffen die zur Böhmer-Gruppe gehörenden Unternehmen lehmann natur und Bivano an ihrem Stand das Thema Wasserverbrauch in der Landwirtschaft auf.
Anhand großer Container zeigten sie, wie viel Liter Wasser man für den Anbau von je einem Kilo Tomaten, Kartoffeln, Erdbeeren, Gurken und Bananen benötigt.
„Die Zahlen und die Darstellung überraschten viele Besucher:innen. Es war eine gelungene Einladung, zum Thema Wasserverbrauch in der Landwirtschaft ins Gespräch zu kommen“, resümierte Raphael Kennerknecht, Geschäftsführer von lehmann natur.
Veröffentlichungsdatum: 30.06.2025