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Trilog-Einigung zur CSDDD Fairtrade Österreich: Rückschritt für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln

15. Dezember 2025

Die Entscheidung im JURI-Ausschuss zur EU-Richtlinie über nachhaltige Unternehmenssorgfalt (CSDDD) ist ein Rückschritt für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln und sorgt für große Enttäuschung in der Fair-Trade-Bewegung. 

„Viele geplante Schutzmaßnahmen fallen weg – ausgerechnet dort, wo Millionen Menschen entlang globaler Lieferketten dringend starke Regeln benötigen.“ 


Foto © Fairtrade Österreich

„Der verabschiedete Text schwächt wesentliche Schutzmaßnahmen für Kleinbäuer:innen, Arbeitnehmer:innen und verantwortungsvolle Unternehmen. 

Darüber hinaus bedeutet die Entscheidung, dass wichtige Aspekte einer maximalen Harmonisierung unterworfen sind und die Mitgliedstaaten Schwächen der Richtlinie bei der nationalen Umsetzung nicht korrigieren können. Dadurch wird ein Modell der Sorgfaltspflicht festgeschrieben, das weit unter den internationalen Standards liegt.

Der drastisch eingeschränkte Anwendungsbereich beschränkt die Richtlinie auf Unternehmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten und einem Umsatz von 1,5 Milliarden Euro. Dies entspricht schätzungsweise nur ca. 1.500 Unternehmen in der gesamten EU. 

Infolgedessen wird die überwiegende Mehrheit der europäischen Unternehmen, die globale Wertschöpfungsketten nutzen, keinen verbindlichen Sorgfaltspflichten unterliegen. Dies ist besonders alarmierend für Branchen wie die Textilindustrie, in der 99,5 % der Unternehmen KMUs sind. 

Dieser eingeschränkte Anwendungsbereich widerspricht dem ursprünglichen Ziel der Richtlinie, gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Akteure der Lieferketten zu schaffen. Dadurch werden potenziell Missbräuche in Wertschöpfungsketten unberücksichtigt gelassen und verantwortungsbewusste Unternehmen, die bereits in Sorgfaltspflichten investiert haben, benachteiligt.“ 

Werteorientierte Unternehmen tragen die Last allein

Mikkel Kofod Nørgård, Regionalkoordinator von WFTO-Europe, sagt: „FAIRTRADE-Lizenzpartner zeigen seit Jahrzehnten, dass verantwortungsbewusstes unternehmerisches Handeln möglich und praktikabel ist und die Widerstandsfähigkeit stärkt. Diese Vereinbarung schafft jedoch nicht jene fairen Wettbewerbsbedingungen, die verantwortungsbewusste Unternehmen benötigen. Wenn die politische Führung versagt, sind es die werteorientierten Unternehmen, die die Last allein tragen, während sie weiterhin von Unternehmen unterboten werden, die Profit über Menschen und den Planeten stellen.“

Fehlende Absicherung für Bauernfamilien und kleinere Betriebe

Das Abkommen bietet keinen ausreichenden Schutz gegen Cut-and-Run. Zwar ist die Beendigung einer Geschäftsbeziehung nach wie vor als letztes Mittel vorgesehen und Unternehmen müssen die Auswirkungen davon in ihrer Risikoanalyse bewerten. Doch wurden wesentliche Schutzmaßnahmen aus dem ursprünglichen Text gestrichen, beispielsweise die Einbeziehung betroffener Interessengruppen, bevor eine Geschäftsbeziehung ausgesetzt wird. 

Diese Regelung ist besonders ungünstig für Kleinbauernfamilien und KMUs, die oft von einem einzigen Händler abhängig sind, plötzliche Einkommensverluste nicht auffangen können und einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind, in Armut zu geraten, wenn das Engagement abrupt beendet wird.

Meri Hyrske-Fischer, Senior Human Rights Advisor bei Fairtrade International, sagt: „Für Bauernfamilien bietet dieses Ergebnis viel zu wenig. Ohne einen ernsthaften Dialog mit den Händlern auf Augenhöhe und ohne Schutzmaßnahmen, die ein plötzliches Aussteigen verhindern, bleiben die Bäuer:innen akut anfällig für plötzliche Einkommensverluste und größere Armut.“

Weniger Austausch entlang der Lieferkette bedeutet mehr Risiko

Trotz früherer politischer Versprechen, die Belastungen für KMUs zu verringern, führt die Trilog-Vereinbarung eine Struktur ein, die die Anforderungen für kleinere Unternehmen zu lockern scheint. 

Durch die Einschränkung des Handlungsspielraums von Unternehmen, Informationen von Zulieferbetrieben mit weniger als 5.000 Beschäftigten anzufordern, birgt die Richtlinie jedoch die Gefahr, dass schwerwiegende Risiken – darunter solche im Zusammenhang mit existenzsichernden Löhnen und Einkommen sowie Einkaufspraktiken – nicht rechtzeitig erkannt werden. 

Internationale Standards wie die OECD-Leitsätze betonen, dass Sorgfaltspflichten ein kontinuierliches, kooperatives Engagement erfordern und keine engen oder vorab festgelegten Beschränkungen, welche die Kommunikation mit den von negativen Auswirkungen am stärksten Betroffenen behindern.

Die Klimakrise trifft die Menschen in den Ursprungsregionen am härtesten

Alena Kahle, Senior Policy and Project Coordinator beim Fair Trade Advocacy Office, sagt: „Lieferketten stehen unter Druck. Bauernfamilien sind mit Dürren konfrontiert. Arbeitnehmer:innen leiden unter extremer Hitze. Dennoch bleiben die Einkommen weit hinter dem zurück, was für ein menschenwürdiges Leben notwendig ist. Mit oder ohne Gesetzgebung sind diese Probleme real. Die EU hat es versäumt, die Chance zu nutzen, zum Aufbau eines Sicherheitsnetzes beizutragen, und ein Signal gesendet, das lautet: ‚Ihr seid auf euch allein gestellt.‘“

Zwar haben die Verhandlungsführer im Trilog einen großen Mangel behoben, indem sie einen risikobasierten Ansatz eingeführt haben, der internationalen Standards entspricht und über die direkten Lieferanten hinausgeht. Doch kann diese Verbesserung die allgemeine Schwächung der Kernbestimmungen der Richtlinie nicht ausgleichen. 

Die kombinierten Auswirkungen eines drastisch reduzierten Anwendungsbereichs, Einschränkungen bei der Einbeziehung von Lieferanten, geschwächter Aussetzungsschutzmaßnahmen und eines erheblich verzögerten Anwendungszeitplans wirken sich negativ auf den Aufbau widerstandsfähiger globaler Wertschöpfungsketten aus.

Mit der Einigung soll die Richtlinie erst im Juli 2029 in Kraft treten. „Dies bedeutet, dass die für Bauernfamilien, Arbeitnehmer:innen und verantwortungsbewusste Unternehmen vorgesehenen Schutzmaßnahmen erst in einigen Jahren in Kraft treten werden. Dieser Zeitplan spiegelt jedoch nicht die Dringlichkeit wider, vorgelagerte Lieferanten wie Bauernfamilien bei der Bewältigung von Menschenrechts- und Umweltrisiken zu unterstützen.

Die Fair-Trade-Bewegung wird auch künftig mit Unternehmen, politischen Entscheidungsträger:innen und der Zivilgesellschaft zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass die Umsetzung den internationalen Standards für verantwortungsbewusstes unternehmerisches Handeln entspricht.“ 

Diese Praktiken sind nach wie vor unerlässlich für widerstandsfähige Geschäftsmodelle und den Schutz von Millionen Menschen, deren Lebensunterhalt von globalen Wertschöpfungsketten abhängt – ungeachtet der Einschränkungen und Verzögerungen, die diese Richtlinie mit sich bringt. Da die Richtlinie nun Gesetz wird, fordert die Fair-Trade-Bewegung:

  • Von den nationalen politischen Entscheidungsträgern, die kritischen Mängel bei der Einbeziehung von Interessengruppen und der verantwortungsvollen Ausgliederung während der Umsetzung zu beheben, und
  • Von der Europäischen Kommission, sicherzustellen, dass die bevorstehenden Leitlinien für die Umsetzung der CSDDD die Zusammenarbeit und gemeinsame Verantwortung in den Mittelpunkt der Sorgfaltspflicht stellen und gemeinsam mit den Rechteinhabern und ihren Vertretern entwickelt werden.
  • Von der EU und ihren Mitgliedstaaten, der finanziellen und technischen Unterstützung von Rechteinhabern und ihren Vertretern, schutzbedürftigen Wirtschaftsakteuren in globalen Wertschöpfungsketten (einschließlich Bauernfamilien und Arbeitnehmer:innen) sowie EU-Partnerländern Vorrang einzuräumen.


Quelle: Fairtrade Österreich

Veröffentlichungsdatum: 15.12.2025

Schlagwörter

Fairtrade Österreich, Enttäuschung, Trilog-Einigung, CSDDD