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Wie geht es mit dem Obstbau in Deutschland weiter?

Intensive Diskussionen auf der Delegiertentagung der Bundesfachgruppe Obstbau in Grünberg

„Ein weiteres Jahr liegt hinter uns, ein ereignisreiches Jahr, mit Frost, Dürre, Hagelunwettern und einer politischen Gesamtkonstellation, die für viele Betriebe mittlerweile existenzbedrohend ist.“ Mit diesen Worten eröffnete Jens Stechmann, Vorsitzender der Bundesfachgruppe Obstbau, die Delegiertentagung im November 2019, die dominiert wurde vom Umgang mit den Volksbegehren „Rettet die Bienen“ und dem Insektenschutzprogramm der Bundesregierung.

Foto: ZVG/Urbanietz
Auf der Delegiertentagung treffen sich jedes Jahr die Delegierten der Landesverbände, um die aktuelle Lage im Obstbau zu erörtern, Lösungsansätze zu diskutieren und zukunftsweisende Beschlüsse zu fassen. Foto: ZVG/Urbanietz

„Das Jahr 2019 war damit eines der turbulentesten, das ich als Vorsitzender erlebt habe“, fuhr er fort. „Wir produzieren gute Qualität, aber vielfältige Probleme lassen die Stimmung in den Keller sinken. Die gesellschaftliche Debatte ist geprägt von Klimawandel, Insektenschutz und CO2-Bilanz. Dabei spielen ideologiefreie, faktenbasierte Lösungsansätze jedoch kaum eine Rolle.“

„Haben wir uns zu lange nicht bewegt, haben wir die Zeichen der Zeit nicht erkannt?“ hinterfragte er. „Nein. Wir haben in der Pflanzenschutzdiskussion immer mit den Zulassungsbehörden an tragfähigen Lösungen gearbeitet. Die Volksbegehren in Bayern und Baden-Württemberg sehen wir kritisch, aber wir müssen auch sehen, wie viele Bundesbürger diese Begehren unterschrieben haben.“ Jens Stechmann machte deutlich, dass sich die Obstbauern dieser Konstellation nicht ihrem Schicksal ergeben dürfen, sondern mutig nach vorne sehen und tragbare Lösungsansätze anbieten müssen. Denn nicht Gebote seien gefragt, sondern eine Kooperation aller Beteiligten – schließlich spielen Naturschutz und Biodiversität im Obstbau bereits eine besondere Rolle.

Aus aktuellem Anlass nahm der Umgang mit dem Volksbegehren in Baden-Württemberg einen großen Teil der Diskussionen dieser Delegiertentagung ein. Die Delegierten waren sich einig: Das Thema wird auch in anderen Bundesländern auf die Tagesordnung kommen. Deshalb muss mit Hochdruck daran gearbeitet werden, die Fakten, die ja bekannt sind, möglichst rasch in die Öffentlichkeit zu transportieren.

„Das enorme Pfand von Authentizität und Fachwissen – und auch der direkte Weg zur Presse – all das liegt in den Händen der Betriebe und Landesverbände“, konkretisierte Joerg Hilbers, Geschäftsführer der Bundesfachgruppe Obstbau. „Wir von der Bundesfachgruppe werden alle Aktionen koordinierend begleiten, sie mit Material und Daten versorgen und mit politischer Arbeit auf Bundesebene flankieren.“

Philipp Enser, Obstbauer aus der Bodenseeregion, stellte dazu die Initiative Bodenseebauern (www.bodensee-bauern.de) vor. Gemeinsam mit dem Maschinenring Tettnang hat eine Gruppe junger Obstbauern diesen äußerst erfolgreichen Facebook- und Internet-Auftritt konzipiert.

Thomas Bröcker, Vorstandsmitglied der Bundesfachgruppe für Brandenburg, konnte anhand eines Projektes aufzeigen, dass in Saumstrukturen direkt neben einer brandenburgischen Obstanlage mehr als 40 Schmetterlingsarten leben. Er warb dafür, dass ähnliche Projekte auch in anderen Regionen angestoßen werden. „Die Töpfe zur Finanzierung solcher Projekte sind da, nutzen wir sie doch“, forderte er die Delegierten auf.

Ausgehend vom Erfolg der Apfelverteilaktion der Rheinischen Obstbauern Ende August vergangenen Jahres regten Philip Wißkirchen und Ferdinand Völzgen, Delegierte des Provinzialverbandes Rheinischer Obst- und Gemüsebauern, an, dass eine solche Aktion in möglichst vielen Städten bundesweit wiederholt werden sollte. Als Termin dafür wurde von den Delegierten der 7. März 2020 beschlossen.

Auf der Tagung im November diskutierten die Delegierten auch die Entwicklung neuer Leitlinien zur Kontrolliert Integrierten Produktion, die Positionierung zur neuen Zucht-Technik „Genome Editing“, die zukünftige Verfügbarkeit neuer Obstsorten, die IP-Mittelliste für 2020, die Bedeutung von Art. 53er Anträgen im Pflanzenschutz, die Zukunft der Umsatzsteuer-Pauschalierung in Deutschland, die neue Düngeverordnung und Absprachen mit Drittländern bezüglich Saisonarbeitskräften.

Quelle: ZVG/Bundesfachgruppe Obstbau

Veröffentlichungsdatum: 27. Januar 2020