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Neu geschaffene Schweizer Forschungsgruppe ist dem Jordan-Virus auf der Spur

Das Tomato Brown Rugose Fruit Virus (ToBRFV), auf Grund der Herkunft oft auch „Jordan-Virus“ genannt, ist eine neue Bedrohung für die Landwirtschaft – insbesondere für Tomaten und Paprika. Agroscope nimmt bei der Bekämpfung dieses Quarantäneorganismus in der Schweiz eine Schlüsselrolle ein. 


Bildquelle: Shutterstock.com

Eine neu geschaffene Forschungsgruppe diagnostiziert im Quarantänelabor die eingereichten Pflanzenproben mittels PCR-Test. Bei positivem Befund sind harte Massnahmen nötig, um eine Verbreitung zu verhindern und Schäden einzugrenzen: Kürzlich musste am Flughafen Zürich eine Lieferung mit 6000 Jungpflanzen komplett vernichtet werden, wie Agroscope berichtet.

Eine Lieferung von rund 6000 Tomaten-Jungpflanzen erreicht per Flugzeug die Schweiz. Inspektoren und Inspektorinnen des Eidgenössischen Pflanzenschutzdienstes (EPSD) entnehmen einzelne Pflanzen und schicken sie an Agroscope nach Changins (VD). In einem speziell abgesicherten Quarantänelabor untersuchen Forschende die Pflanzenproben auf das Jordanvirus. Am Folgetag liegt das Resultat mit dem nachgewiesenen Jordanvirus vor. Agroscope meldet das Resultat unverzüglich dem EPSD. Dieser verfügt, dass die Lieferung am Flughafen komplett vernichtet werden muss.

Weltweiter Handel nimmt zu

Das Jordan-Virus trat in Europa das erste Mal im Herbst 2018 in Deutschland auf. Seither häufen sich die Meldungen von Befällen in ganz Europa und bis im November 2020 waren Befälle verschiedenen Ausmasses in den folgenden weiteren europäischen Ländern bekannt: Griechenland, Italien, Spanien, England, Frankreich, Holland, Zypern, Belgien, Tschechien und Polen. Weltweit wurden auch Befälle unter anderem aus Mexiko, Kalifornien (USA), China, Israel und der Türkei gemeldet.

In der Schweiz wurden seit Anfang 2020 ebenfalls mehrere Verdachtsfälle in verschiedenen Kantonen abgeklärt und untersucht. Oben beschriebener Fall an dem Flughafen ist kein Einzelfall mehr.

Letztes Jahr wurde das Jordanvirus erstmals auf importierten Pflanzen in der Schweiz entdeckt. Im 2022 hat Agroscope bisher drei Importe untersucht, wovon zwei positiv waren. «Es ist ein Kampf gegen die Zeit», meint Denise Altenbach, Leiterin der Forschungsgruppe Molekulare Diagnostik für geregelte Pflanzenschadorganismen. «Wir müssen die Resultate der molekularen Tests spätestens 48 Stunden nach Erhalt der Pflanzenproben an den EPSD am Flughafen schicken. Fehler können wir uns nicht erlauben. Es muss verhindert werden, dass infizierte Jungpflanzen in Produktionsbetrieben und in den Hausgärten landen». Das Team rund um Denise Altenbach wurde extra für solche Analysen im November 2021 bei Agroscope neu geschaffen. Es ist noch im Aufbau und wird weiter aufgestockt.

Bis zu 1000 Stichproben geplant

Der EPSD, und mit ihm der Agroscope Pflanzenschutzdienst, arbeiten bei der Bekämpfung des Jordanvirus eng mit den Kantonalen Pflanzenschutzdiensten (KPSD) zusammen. Ein Trio, das gut funktioniert, um eine Verbreitung des ansteckenden Virus zu verhindern. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn man das Virus frühzeitig erkennt. Dieses Jahr sind bis zu 1000 Stichprobenkontrollen beispielsweise in Tomaten- und Paprikaproduktionsbetrieben sowie in Gärtnereien oder Gartenzentren geplant. Dazu kommen die nicht planbaren Einsätze wie bei oben beschriebenem Import.


Auch Drainagewasser wird untersucht

Auch das Drainagewasser aus Gewächshäusern wird auf das Jordanvirus untersucht. Dieses Vorgehen wird auch beim Coronavirus mit dem Abwasser aus Kläranlagen angewendet. Fällt eine Stichprobe positiv aus, beispielsweise in einem Produktionsbetrieb, kann die Fruchternte unter strengen Hygienemassnahmen weitergeführt werden. Dies, weil Experten das Risiko einer Verbreitung durch Früchte als gering einschätzen und der Schaden für die Produzenten unverhältnismässig gross wäre. Nach Saisonende müssen alle Pflanzen verbrannt und alle betroffenen Gewächshäuser inklusive Bewässerungskreislauf dekontaminiert werden.

Internationaler Austausch ist wichtig

«Wir versuchen, die Landwirtschaft vor dem Virus zu schützen», erklärt Denise Altenbach ihre Aufgabe im Kampf gegen das Virus, das für Menschen ungefährlich ist. «Ähnlich wie bei Grippe und Covid-19 ist es allein anhand der Symptome nicht immer einfach, einen Befall mit dem Jordanvirus von anderen Viren zu unterscheiden. Erst unsere molekularen Tests klären, ob es sich um das Jordanvirus handelt oder nicht». Ein weiteres Puzzleteil in der Bekämpfung des Jordanvirus ist der internationale Austausch, an dem sich Agroscope beteiligt. So können die Schweizer Experten/innen von den Erfahrungen aus anderen Ländern profitieren, die schon länger mit dem Jordanvirus zu kämpfen haben.

Lesen Sie hier mehr zu Wirtspflanzen sowie Einfuhr / Ausfuhr und Invekherbringen von Saat- und Pflanzgut. Dort gibt es auch einen Flyer zu dem Jordan-Virus und ein Merkbaltt zu vorbeugenden Maßnahmen & Desinfektion.

Quelle: Agroscope / BLW Schweiz 

 

Veröffentlichungsdatum: 30. Mai 2022